Für eine starke Energielenkungsabgabe

Echte Energiepolitik braucht eine Vielzahl von Elementen. Ein wichtiger Aspekt sind die Energiekosten. Nach wie lügen die Energiekosten – mit stark lenkenden, vollständig an Haushalte und Wirtschaft zurückerstatteten Energieabgaben können auch ökonomische Signale die energiepolitische Weiterentwicklung hin zu einer post-fossilen und post-nuklearen Energieversorgung kräftig unterstützen. Wenn PolitikerInnen dieses Instrument ablehnen, zeigt sich einmal mehr: eigentlich wäre die Gesellschaft zum energiepolitischen Wandel bereit, die Politik ist es noch nicht!

Dies beginnt schon damit, dass völlig falsch informiert wird: da wird behauptet, der Strompreis müsse um einen Faktor 3 steigen, der Preis für Heizöl müsse verdoppelt werden, den Preis für Benzin müsse man auf vier Franken anheben. Das ist hochgradiger Unsinn – oder eine Lüge mehr zu den Energiepreisen. Ganz banal: mit einer vollständig an Haushalte und Wirtschaft rückerstatteten stark lenkenden Energieabgabe verändert sich im Mittel aller Haushalte und Unternehmen der Energiepreis nicht! Wer bis jetzt verschwenderisch mit der Energie umgegangen ist, zahlt zwar zukünftig tatsächlich mehr für die Energie, dafür zahlen jene weniger, die all die Appelle und freiwilligen Anreize zur Kenntnis genommen haben und eigenverantwortlich gehandelt haben damit den Energieverbrauch vermindert haben. Damit werden unter anderem auch die volkswirtschaftlich erwünschten Investitionen in Energieeffizienztechnologien und Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien lohnender.

Zur Illustration des Effekts einer Energielenkungsabgabe habe ich am Beispiel des Stromverbrauchs gleichartiger Haushalte (=gleiche Personenzahl, nur übliche Stromanwendungen, ohne Warmwasser, ohne Wärmepumpe) ein einfaches Modell durchgerechnet. Ich gehe von einem Strompreis von 20 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) aus – die Erfahrungen zeigen, dass solche Haushalte sicher einen Unterschied im Stromverbrauch von Faktor 2 haben – die verschwenderischen Haushalte brauchen also doppelt so viel Strom wie die sparsamen Haushalte. Bei einer Lenkungsabgabe, die doppelt so hoch wie der heutige Strompreis ist, und bei 2 % Verwaltungskosten für die buchhalterische Bewirtschaftung der Abgabe, ergeben sich die in der Tabelle dargestellten finanziellen Auswirkungen für die verschiedenen Haushalte:

Energieeffizienzklasse Haushalte Anteil solcher Haushalte
[%]
Jahresstromverbrauch
[kWh]
Stromkosten heute
[Franken/Jahr]
Stromkosten mit rückerstatteter Lenkungsabgabe
[Franken/Jahr]
A+++ 3 2350 470 28
A++ 4 2611 522 185
A+ 8 2872 574 342
A 15 3133 627 498
B 20 3394 679 655
C 20 3656 731 812
D 15 3917 783 968
E 8 4178 836 1125
F 4 4439 888 1282
G 3 4700 940 1438

In Worten: die energieeffizientesten Haushalte zahlen kaum mehr etwas für den Strom, während die Stromschleuderhaushalte rund 50 % mehr für den Strom bezahlen. Und wie von mir vorausgesagt: Beim Durchschnittshaushalt – in der Tabelle zwischen den Effizienzklassen B und C gelegen – gibt es keine Veränderung der Stromkosten. VielverbraucherInnen (egal ob wegen ineffizienten Geräten oder energetisch suboptimalen Verhaltensweisen) zahlen mehr für den Strom, sparsame NutzerInnen (mit sowohl effizienten Geräten als auch energieoptimiertem Verhalten) werden finanziell belohnt. Im Mittel aller Haushalte gibt es keine Veränderung der Stromkosten – zur Beeinflussung des „mittleren Marktes“ braucht es also weitere Massnahmen, etwa strengere Energieeffizienzvorgaben für Geräte, z.B. nach dem Top-Runner-Ansatz.

Dieses Beispiel wurde aus illustrativen Gründen allein für den Stromverbrauch vergleichbarer Haushalte erstellt. Wie der Titel zeigt, geht es nicht ausschliesslich um eine Stromlenkungsabgabe, sondern eben um eine Energieabgabe (darum oben die Klammer mit dem Hinweis darauf, dass in diesen vergleichbaren Haushalten weder ein elektrischer Wassererwärmer steht noch eine Wärmepumpe eingesetzt wird). Damit die Energielenkungsabgabe nicht zu unerwünschten Verbrauchsverlagerungen führt – es ist zweckmässig, zukünftig für Raumheizung und Wassererwärmung auf Wärmepumpen mit elektrischem Antrieb zu setzen und gleichzeitig energetische Verbesserungen am Gebäude vorzunehmen, was den Stromverbrauch geringfügig erhöht, den Verbrauch an fossilen Brennstoffen deutlich vermindert -, ist diese für alle Energieträger einzuführen. Die heutige nicht-lenkende CO2-Abgabe mit teilweiser Zweckbindung für „Das Gebäudeprogramm“ ist durch eine stark lenkende Energieabgabe auch auf die fossilen Brenn- und Treibstoffe zu ersetzen.

Weil sämtliche inländischen Unternehmungen in das System der stark lenkenden Energieabgaben einbezogen sind, braucht es keine Sonderregelungen für sogenannt energieintensive Branchen – auch hier sollen jene bevorzugt werden, die eigenverantwortlich bereits gehandelt haben. Was es allerdings braucht, ist eine Entlastung von Exportprodukten und eine Belastung von Importprodukten. Dies kann über den Preis der Produkte und die branchentypischen Energieintensitäten parallel zu den Verzollungsgebühren abgewickelt werden – es handelt sich um ein klassisches Buchhaltungsthema.

Aus meiner langjährigen Beschäftigung mit diesem Thema hat sich auch herausgestellt, woher der Widerstand gegen die stark lenkende, vollständig an Haushalte und Wirtschaft zurückerstattete Energieabgabe kommt: es gibt unabhängig von der politischen Haltung sehr viele Menschen, die die Transparenz scheuen, welche eine solche Abgabe bewirkt – je nach Geldbilanz (Abgabenbetrag grösser oder kleiner als Rückerstattung) wüsste man sogar selber, ob man als „Klimaschweinchen“ oder als „Ökosternchen“ lebt. Und genau diese Transparenz möchten viele, die zwar viel über Ökologie und Vorbild und so weiter schwatzen, schlicht nicht haben. Dies hat damit zu tun, dass die grosse Mehrheit der SchweizerInnen sich selber als umweltfreundlicher einschätzt als den Rest der Bevölkerung – diese Lebenslüge würde im individuellen Bereich durch eine solche Abgabe schonungslos aufgedeckt.


Auch an dieser Stelle deshalb der Hinweis auf freiwillige Transparenz-Tools in Sachen Öko-Rating des eigenen Verhaltens: