Wahlen Kanton Zürich 2015: Egoismus statt Zukunftsfähigkeit

Die Ergebnisse der Wahlen in den Zürcher Kantonsrat und den Zürcher Regierungsrat lassen sich kurz zusammenfassen: die FDP – objektiv die Partei der Egoismusmaximierung (mit dem Leerhülsenwort Liberalimus etikettiert) – gewinnt im Kantonsrat schon fast erdrutschartig. Die Grünen und die GLP, die am ehesten in allen drei Nachhaltigkeitsbereichen zukunftsorientierte Impulse in die Politik einbringen konnten, verlieren ähnlich erdrutschartig. Im Regierungsrat bestätigte sich einmal mehr, dass Fähigkeiten und Wahlerfolg nicht zwingend zusammengehören, es ist zudem ein erheblicher Stadt-Land-Graben festzustellen.

Eigennutz ist, wenn dabei die goldene Regel der Ethik befolgt wird, durchaus ein Denkmodell, welches in die Zukunft führen könnte. Entscheidend ist dabei der Umgang mit den Allmenden, den Allgemeingütern. Wenn sich die Haltung von Elinor Ostrom durchsetzt, wonach z.B. das globale Klima und die endlichen Ressourcen als Allmenden zu betrachten sind, zu deren Erhaltung alle beizutragen haben und von deren Erhaltung oder gar Förderung alle profitieren sollen, ist dies durchaus ein zukunftsträchtiger Ansatz. Die Aussagen der Wahlsiegerin FDP lassen allerdings eindeutig den Schluss zu, dass es in erster Linie um Egoismus geht, also die Sicht von Hans Werner Unsinn, welcher meint, dass Klimawandelfolgenanpassungsmassnahmen sinnvoller sind als Klimaschutzmassnahmen, weil von den Anpassungsmassnahmen nur jene profitieren, die sie vornehmen, während von Klimaschutzmassnahmen alle profitieren. Hier sind aus gesellschaftspolitischer Sicht zwingend fundamentale Klärungen erforderlich. Einmal mehr bestätigt sich andererseits, dass gerade beim Umweltschutz «bottom up» angesagt ist, also z.B. eine Energiepolitik von unten – schliesslich ist Eigennutz nicht ohne Eigenverantwortung zu haben, selbst dann, wenn Eigennutz offenbar in echten oder vermeintlichen ökonomischen Krisenzeiten als Strategie bevorzugt wird.

Exekutivwahlen seien Persönlichkeitswahlen, wird jeweils gesagt. Nun, nachweisbar sind beispielsweise die faschistoiden SVP-Regierungsräte Stocker und Kägi amtsunfähig (und da beide 2019 bei den nächsten Wahlen im Pensionierungsalter sind, dürfte es sich glücklicherweise um die letzten Amtszeiten dieser Willkür-Regierungsräte handeln). Offensichtlich haben die erheblichen finanziellen Mittel gewirkt. Und eben: selbst wenn massive (berechtigte) Vorbehalte gegen eine zur Wahl stehende Person bestehen, führen Nicht-Wahlempfehlungen wie bei Silvia Steiner zum gegenteiligen Effekt.

Interessant ist eine Detailanalyse der Ergebnisse, nämlich der Vergleich der «Ranglisten» der bestplazierten neun Kanidierenden/Gewählten zwischen Kanton, Stadt Zürich und dem Kantonsgebiet ohne Stadt Zürich:

Nr. Kanton Zürich gesamt Stadt Zürich Kanton Zürich ohne Stadt Zürich
1 Thomas Heiniger Mario Fehr Ernst Stocker
2 Mario Fehr Jacqueline Fehr Thomas Heiniger
3 Ernst Stocker Martin Graf Markus Kägi
4 Markus Kägi Thomas Heiniger Mario Fehr
5 Silvia Steiner Markus Bischoff Silvia Steiner
6 Carmen Walker Späh Ernst Stocker Carmen Walker Späh
7 Jaqueline Fehr Carmen Walker Späh Jaqueline Fehr
8 Martin Graf Silvia Steiner Martin Graf
9 Markus Bischoff Markus Kägi Markus Bischoff

 

Einmal mehr zeigt sich, dass es endlich einen (Voll-)Kanton Zürich Stadt braucht – die Rangfolgen und die Zusammensetzung des Regierungsrates sind je nach betrachtetem Gebiet sehr unterschiedlich. Diese Konstellation dürfte die bereits bestehenden Konflikte zwischen Kanton und Stadt Zürich in der Tendenz deutlich verstärken. Dies ist nicht sehr zukunftsfähig angesichts der bestehenden Herausforderungen. Auffällig auch, wie schwach die Stadtzürcherin Carmen Walker Späh in der Stadt Zürich gewählt wurde …

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