Die Geldseuche

Je länger die Diskussion über das Budget der Stadt Zürich 2011 dauert, desto augenfälliger wird die Fixierung insbesondere der SVP auf absurde Geldaussagen. Nicht ohne Grund wird bereits in diversen Blogs SVP nur noch als $VP geschrieben. Nicht der Steuerfuss ist massgebend, sondern die Nachhaltigkeit der Gesamtpolitik – davon macht die Finanzpolitik der öffentlichen Hand einen ganz kleinen Anteil aus. Mit der Fixierung auf den Geldaspekt belegt die SVP, dass ihr die Zukunft schlicht egal ist, auch wenn sie immer das Gegenteil behauptet.

Höchstens 5 % der städtischen Bevölkerung dürfe in der städtischen Verwaltung beschäftigt sein, in „vergleichbaren Städten liege dieser Wert sogar um einen Prozentpunkt tiefer“, wird der $VP-Parteipräsident Roger Liebi im Auto-Anzeiger (früher Tages-Anzeiger) vom 29.12.2010 zitiert. Es wird spannend sein, ob da wieder mal der $VP-Fax krumm lief, oder ob die $VP irgendwann aufzeigen wird, welches denn die vergleichbaren Städte sein sollen, und wie denn die Vergleichbarkeit geschaffen wurde. Dazu gehören etwa Aufgaben, die als Dienstleistungen der Stadt Zürich angeboten werden (ewz, VBZ, Stadtspitäler), die andernorts entweder ausgelagert sind oder aber durch übergeordnete Strukturen (in Zürich wäre dies der Kanton oder gar der Bund) abgedeckt werden. Die vorausschauende Politik vergangener Jahrzehnte, inbegriffen ein grosses finanzielles Engagement, hat etwa dazu geführt, dass der Strom in der Stadt Zürich konkurrenzlos günstig angeboten werden kann – auch die ewz-Mitarbeitenden sind Angestellte der städtischen Verwaltung. Es gibt eine Vielzahl weiterer solcher Beispiele. Wie ist etwa im $VP-Städtevergleich der hohe Anteil an ZupendlerInnen berücksichtigt? Auch die Bereitstellung der diversen öffentlichen Infrastrukturen wird ebenfalls durch Verwaltungsangestellte abgedeckt. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass in den Städterankings bezüglich Lebensqualität Zürich immer sehr weit oben steht – viele Pluspunkte holt sich dabei die Stadt Zürich durch Angebote der öffentlichen Hand.

5 % der Bevölkerung, das wären beim aktuellen Stand der Einwohnerzahl von 385’000 gemäss Auto-Anzeiger 19’250 Vollzeitstellen – im Budget hat die $VP 19’926 Stellen gezählt – das wären 5.17 % der Einwohnenden, 3.5 % mehr als von der $VP als Grenze gesetzt wurden. Im übrigen hat die $VP wieder einmal mehr einen Denkfehler gemacht: bei den Budgetbeträgen handelt es sich um Bruttobeträge. Selbst unter Anwendung der absurden 5 %-Klausel ist noch einzubeziehen, dass derzeit die Zahl der Stadtbewohnenden zunimmt; weil bezüglich der Beschäftigtenzahl das Ende des Jahres 2011 massgebend ist, dürfte bei einer Fortschreibung der aktuellen Entwicklung der Bevölkerungszahlen diese willkürliche $VP-Limite ohne weiteres erreicht werden. Einmal mehr: die Substanz hinter der $VP-Budget-Rückweisung ist schlicht nicht vorhanden, es geht hier nur noch um die Lügenkonstrukte von ertappten Zechprellern – weiteres zur Nachhaltigkeit der $VP-Orientierung an der Geldseuche hier: Nachhaltig schädlich: budgetierte Zechprellerei.

Einfach noch dies: es könnte den Anschein machen, dass die $VP-Politik von einer Geringschätzung der Verwaltungsmitarbeitenden ausgeht. Meine langjährigen Erfahrungen: die Bandbreite der wahrgenommenen Eigenschaften bei Mitarbeitenden sowohl der öffentlichen Hand als auch der Privatwirtschaft ist riesig – und deutlich grösser als der Unterschied im Vergleich zwischen Mitarbeitenden der öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft.

Im übrigen ist auf eine gravierende staatspolitische Fehleinschätzung der $VP hinzuweisen. $VP-Präsident Roger Liebi vergleicht insbesondere die Organe der Stadt Zürich mit einer AG. Nein, der Stadtrat von Zürich ist NICHT die Geschäftsleitung der Stadt Zürich. Nein, der Gemeinderat der Stadt Zürich ist NICHT der Verwaltungsrat der Stadt Zürich. Das wäre ja nur schon von den Zahlenverhältnissen her absurd. Wir haben es mit Exekutiven und Legislativen zu tun, insbesondere sind auch die gewählten StadträtInnen zuerst StaatsbürgerInnen und erst dann Exekutivmitglieder. StadträtInnen haben die staatsbürgerliche Pflicht, auf Absurditäten der Wackel-Budget-Rückweisungskoalition unter manipulativer $VP-Leitung hinzuweisen! Es ist einmal mehr festzuhalten, dass sogar die SVP gesagt hat, dass der Stadtrat am besten wisse, wo gespart werden könne (auch dies gehört für mich zwar zu den Lügenkonstrukten ertappter Zechpreller). Wenn nun der Stadtrat genau dies tut, wird er nachher von den $VP-Manipulatoren gemassregelt, und werden sogar einzelne Stadtratsmitglieder sehr direkt zum Rücktritt aufgefordert. Da bleibt nur eines, der Hinweis auf eine Literaturquelle: „Konservative weniger intelligent„!