Vom Schenken

Der Noch-Stadtpräsident von Zürich, Elmar Ledergerber, zeigt mit seinem Abschieds-Geschenk einmal mehr, dass „gut gemeint“ in der Regel tatsächlich das Gegenteil von „gut“ ist.

Sind Werbeuhren gute Geschenke? Und sind insbesondere Billig-Uhren aus China – selbst wenn sie von einer Swatch-Tochter-Firma produziert werden -, für den Präsidenten der grössten Schweizer Stadt ein politisch korrektes Geschenk? Oder ist es möglicherweise so, dass der bald abtretende Stadtpräsident machen kann, was er will, weil er als „lame duck“ so oder so die „2“ auf dem Rücken trägt?

Nick Hayek erhält seine Eigenkapitalrendite unabhängig davon, wo Uhren produziert werden, selbst dann, wenn er nicht weiss, unter welchen Bedingungen die von seinen diversen Firmen angebotenen Uhren hergestellt werden. Die Stadt Zürich hält seit langen Jahren eine Partnerschaft mit der chinesischen Stadt Kunming aufrecht – darf sie das, auch wenn sehr vieles, zum Beispiel von der Respektierung der Menschenrechte über demokratische Gepflogenheiten bis zu den Arbeitsbedingungen der Menschen, nicht Schweizerischen Vorstellungen entspricht? Darf Herr Hayek zwar vom Profit dieser Billiguhren profitieren, der Zürcher Stadtpräsident aber nicht über das Verschenken dieser in der Verantwortung von Herrn Hayek produzierten Uhren ein Zeichen setzen?

Warum muss nur der abtretende Präsident der grössten Schweizer Stadt seine Geschenke politisch korrekt aussuchen, während an den nicht einmal drei Wochen zurückliegenden Weihnachtstagen hunderte Tonnen Billigstspielwaren aus China aus den Geschenkpaketen ausgepackt wurden? Und gleichzeitig jammern die gleichen Lautsprecher in Medien und Politik über den behaupteten zu hohen Geldbedarf des Staates. Wie viel Konsequenz müssen KritikerInnen an den Tag legen?

Unbestritten: die Geschenkauswahl von Herrn Ledergeber war etwas unbedarft, so im Stile eines Spontankaufes, welchen man bald bereut. Die Kritik an Elmar Ledergerber ist durchaus berechtigt.

Andererseits ist die Empörung eines Herrn Hayek, der Medien, der Politik ziemlich billig und verlogen, weil es geradezu zum Volkssport gehört, von den Billigstprodukten aus Billiglohnländern zu profitieren, die ohne Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Standards produziert wurden – wer es nicht glaubt: beachten Sie in nächster Zeit z.B. die Typenschilder von Geräten mit dem „Made in …“-Vermerk. Dazu gehört auch der eigene ökologische Fussabdruck. Es ist zu hoffen, dass ab sofort nicht nur Elmar Ledergerber beim Konsum von Gütern kritischer ist – und nur noch einkauft, was höchsten sozialen und ökologischen Ansprüchen genügt. Dann und nur dann hat die öffentliche Empörung über den „lame duck“ Ledergerber Sinn und Berechtigung.