Swissness oder Swissless?

„Swiss made“ gilt auf dem Markt nach wie vor als Qualitätsmerkmal, welches einen höheren Preis rechtfertigt. Dieser traditionelle nationale Chauvinismus trifft sich mit ökologischen Anliegen: „regional produziert“ (und konsumiert) bietet erhebliche ökologische Vorteile, weil deutlich weniger Transportaufwand erforderlich ist. Dem steht der globalisierte Markt gegenüber: dieser möchte zwar von den Marketing-Vorteilen der Swissness profitieren, gleichzeitig aber trotzdem die Preisvorteile des globalisierten Marktes nutzen!

„Schweizer Milchschokolade“ steht selbst auf Packungen von Billigschokolade – da möchte ein Hersteller vom bald 200-jährigen guten Ruf der Schokoladenherstellung in der Schweiz profitieren. Und dies selbst dann, wenn der überwiegende Teil der Rohstoffe gar nicht aus der Schweiz stammt. Darüber hinaus auch dann, wenn die ArbeiterInnen in der Schokoladenfabrik trotz langjähriger Anwesenheit gar nicht das Schweizer Bürgerrecht erwerben durften – auch dann nicht, wenn das Kapital für den Betrieb des Unternehmens nicht aus der Schweiz stammt! Darüber hinaus sagt dies nichts aus über die sozialen Bedingungen, unter denen die Zucker- und Kakaobauern und ihre Familien existieren, mit welchen ökologischen Vorgaben die Rohstoffe produziert werden. Und warum sollen nicht auch weitere Produkte mit einer gewissen Tradition mit einem hohen Anteil an Rohstoffen aus ausländischer Herkunft – die Schweiz ist ein traditionelles Handelsland, also mit einem regen Import- und Export-Geschäft – nicht auch als „schweizerisch“ gelten können?

Da die Marketingabteilungen von global tätigen Unternehmen in der Swissness-Frage bestimmend sind, ist zum vorneherein davon auszugehen, dass die gesetzlich festgehaltene Swissness ein unlogisches und absurdes Konstrukt sein wird respektive ist – getreu nach dem Motto „La Suisse n’existe pas„.

Auf jeden Fall: für ökologische Anliegen – Bevorzugung regionaler Produkte – taugt Swissness nichts, im Gegenteil. Da wird man weiterhin auf die umfassenden Deklarationen und die klassischen Oekobilanzmethoden angewiesen sein. Ändern würde dies durch eine umfassende Energielenkungsabgabe (wenn nur national eingeführt mit Belastung der Importe und Entlastung der Exporte) mit Rückerstattung an Haushalte und die Wirtschaft – erst dann nämlich werden die wahren Kosten sichtbar, was einen gewissen Vorteil für Produkte mit einem nachweislich hohen Swissness-Anteil bedeutet.