Schlecht gejammert

Jammern ist in der Regel ein Hinweis darauf, dass für das Scheitern irgendwelche geheimnisvollen Mächte verantwortlich gemacht werden sollen – und dabei davon abgelenkt werden soll, dass es eben mit der Eigenverantwortung nicht wirklich klappt. Ein solches Beispiel: die Verantwortlichen der Familienheim-Genossenschaft Zürich FGZ – im Zusammenhang mit dem Ersatzneubau Nicht-Grünmatt!

In einem Artikel – mitten in Sportferien 2010 – in der Gratiszeitung Zürich West behaupten die Genossenschaftsverantwortlichen einmal mehr gegen besseres Wissen, dass für Minergie-P mit Mehrkosten gerechnet werden müsse, die man den MieterInnen nicht zumuten wolle. Wie bereits vor der entscheidenden GV der FGZ aufgezeigt, ist dies eine schlichte Falschaussage, um von den Fehlleistungen der Genossenschaftsverantwortlichen und der beauftragten PlanerInnen abzulenken. Fakt ist: wenn vom ersten Gedanken an diesen Ersatzneubau der Aspekt der 2000-Watt-Gesellschaft – inklusive Flächenansprüchen – intensiv in die Planung eingeflossen wäre, sähe dieses Neubauprojekt wesentlich anders aus. Mit Sicherheit auch architektonisch gelungen – aber mit deutlich billigeren Wohnungen, die sowohl von den Wohnbauförderungssubventionen als auch von der kantonalen Altbau-Abwrackprämie profitieren könnten!

Allerdings geht das Gejammere weiter: um den Klecks des nicht ökologischen Neubaus Grünmatt zu übertünchen, möchte die FGZ auf dem Dach der Neubauten Fotovoltaikanlagen installieren (und den Strom der Solarstrombörse des ewz verkaufen, damit StromkonsumentInnen, z.B. FGZ-MieterInnen/-GenossenschafterInnen, in eigener Verantwortung Solarstrom kaufen können (einmal mehr, ohne dass die FGZ tatsächlich Verantwortung übernehmen muss)). Die ewz-Solarstrombörse kauft – was ökologisch korrekt und sinnvoll ist – allerdings in Ausschreibungsrunden nur von den günstigsten Solarstromanlagen ein. Offenbar gehen die Planungsprobleme auch bei der geplanten Fotovoltaikanlage auf den Neubauten Grünmatt weiter: wie dem Artikel weiter zu entnehmen ist, würde offenbar der Solarstrom von dieser Anlage nicht zu diesen günstigsten Angeboten gehören. Womit das Gejammer der FGZ-Verantwortlichen wieder einsetzt: mit Unterstützung der Gratiszeitung Zürich West wird postuliert, das ewz dürfe nicht nur auf den Preis schauen, sondern müsse auch andere Faktoren berücksichtigen, zum Beispiel, wer die Bauherrschaft sei.

Auch wenn die Erträge von Fotovoltaik-Anlagen in Zürich aufgrund der meteorologischen Voraussetzungen nicht hervorragend sind, erachte ich es als zweckmässig, einen möglichst grossen Anteil des Zürcher Fotovoltaik-Potentials zu nutzen. Weil auch für die Erstellung von Fotovoltaik-Anlagen letztlich endliche Ressourcen eingesetzt werden müssen, und weil die Dachflächen auch für andere Zwecke genutzt werden könnten (z.B. Dachgärten als Naherholungsflächen), ist es für mich zwingend, dass hier pro Umweltstutz eine möglichst hohe Umweltwirkung erzielt werden kann.Da nun alle Bauherrschaften solcher Anlagen die grundsätzlich gleichen Voraussetzungen haben (alle müssen die Fotovoltaikmodule irgendwo auf dem Planeten einkaufen, alle müssen diese Anlagen möglichst effizient und dauerhaft auf die Dächer bringen, alle operieren mit Fremdgeldern, wobei gerade Baugenossenschaft tendentiell günstige Mittel zur Verfügung haben, usw), gibt es schlicht keine Begründung, in dieser Situation andere Elemente als den Preis bei der Auswahl neuer Fotovoltaikanlagen zu berücksichtigen. Es darf nicht sein, dass suboptimale Planungen oder suboptimale Anlagenstandorte den Preis für Solarstrom künstlich hochhalten! Diese Technologie hat auf dem Platz Zürich nur dann Zukunft, wenn prinzipiell die günstigsten Angebote berücksichtigt werden. Alles andere ist eine Versagens-Subventionierung und schadet letztlich der Fotovoltaik. Zu teurer Oekostrom ist in erster Linie Green Washing!

Dies heisst einmal mehr: statt jammern besser eigenverantwortlich handeln. Oder anders: gut gemeint ist das Gegenteil von gut!

P.S. Die 2000-Watt-Gesellschaft vermindert dem Energieverbrauch grundsätzlich, in erster Näherung unabhängig davon ob es sich um eine erneuerbare oder eine nicht-erneuerbare Quelle handelt, weil die Energiebewertung über den Primärenergieinhalt und die Emissionen von Treibhausgasen erfolgt. Es ist also nicht im Sinne der 2000-Watt-Gesellschaft, einen zu hohen Energieverbrauch durch einen verstärkten Einsatz von erneuerbaren Energien zu kompensieren.

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