Dass Gewaltanwendungen Teufelskreis und Sackgasse darstellen, ist schon lange klar. Auf jeden Fall gibt es keine Gewaltanwendung im Verlaufe der Menschheitsgeschichte, die in irgend einer Form zur Problemlösung beigetragen hat.
Auch die jüngsten Eskalationsbeiträge – einerseits eine grössere Zahl von Schiffen mit Hilfsgütern für den Gazastreifen, angesichts der Beteiligten zumindest zum Teil als Protest der Zivilgesellschaft gegen die Politik im Nahen Osten zu verstehen, andererseits ein militärisches Eingreifen von Israel, welche sich als aus dem Ruder gelaufene unangemessene Machtdemonstration der Armee entpuppen dürfte – illustrieren die Ausweglosigkeit der aktuellen Situation im Nahen Osten. Definitiv: Sowohl die aktuellen Strategien als auch Haltungen sämtlicher direkt und indirekt an diesem Konflikt beteiligten Gruppierungen und Institutionen sind absolut ungeeignet zur realen Problemlösung. Wie immer in der Geschichte der Menschheit wird dieser Konflikt durch religiöse Verbrämungen und durch die Nachwirkungen des traumatischen Ereignisses Holocaust/Schoah wesentlich geprägt. Es ist schlicht unakzeptabel, dass beispielsweise jüdische Gruppierungen jede kritische – und wie die reale Situation zeigt berechtigte – Frage an den jüdischen Staat als Antisemitismus/Antijudaismus interpretieren. Um die Eskalationsstrategien der diversen Gruppierungen zu unterbrechen, braucht es völlig neue Ansätze. Jegliche Form der Gewaltanwendung ist per sofort zu ächten, und keine Gewaltanwendung darf zu Gegengewalt führen.
Denn klar ist: nicht einmal im mittleren Osten lassen sich Probleme mit Gewalt lösen. Auch wenn die Herausforderungen in Israel/Palästina grösser sind als in der früheren Eidgenossenschaft, ist das Kantone-System in der Region zwingend einzuführen. Dazu sind alle bisherigen politischen Gruppierungen in der Region aufzulösen. Beteiligen am Zukunftsprozess dürfen sich nur Gruppierungen, die sich zum absoluten und unumstösslichen Gewaltverzicht verpflichten und gleichzeitig sämtliche religiösen Komponenten aus der Politik heraushalten wollen – es braucht säkulare, zivilgesellschaftliche Lösungen in dieser Region – damit man aus der Sackgasse Gewalteskalation herauskommt!
Nachtrag 31.5.2010 – Zitat aus einem Interview mit Erich Gysling: Es ist gut möglich, dass Israel vom Gaza-Streifen aus wieder mit Raketen beschossen wird. Dann wird Israel Raketen zurückschiessen. Und so weiter. Die Perspektiven für einen Frieden im Nahen Osten sind deprimierend.