Energiespartipps – viel zu zurückhaltend!

Immer wieder sind in diversen Medien Energietipps abgedruckt – seit 20, 30 Jahren immer etwa die gleichen Evergreens. Wer sich ums Thema kümmert, hat all die Tipps bereits umgesetzt. Wer sich nicht dafür nicht interessiert, lässt sich von diesen harmlosen Tipps nach wie vor ein schlechtes Gewissen machen.

Die Stadt Zürich hat Ende Januar 2009 ein Energiespiel lanciert. Die Kolumnistin Pierina Hassler berichtet in punkt.ch vom 4. Februar 2009 (auf Seite 11, punkt.ch gibts am 18.10.09 nicht mehr) von den Erfahrungen von Marianne Hug mit diesem Spiel. Marianne Hug zählt mit fast 6000 Watt etwa zu den DurchschnittsschweizerInnen. Verständlich, dass es da noch einiges an „Uralt“-Tipps gibt, die bei Marianne Hug ein „schlechtes Gewissen“ auslösen. „Statt Spass machts schlechtes Gewissen“ – dabei ist es ja genau der Hedonismus der Spassgesellschaft, welcher massgeblich zum menschgemachten Klimawandel führt. Völlig klar ist: wenn die 2000-Watt-Gesellschaft erreicht werden soll, braucht es einige Bereitschaft zur Umsetzung von Tipps, die deutlich über das hinausgehen, was heute üblicherweise realisiert wird. Es führt nichts daran vorbei, auch Dinge in Frage zu stellen, die zu den liebgewordenen Gewohnheiten zählen! Das Energiespiel (siehe oben) oder der persönliche ECO2-Rechner geben Hinweise, wo sich Veränderungen des individuellen Verhaltens aufdrängen, nämlich dort, wo die Abweichungen vom Durchschnitt besonders gross sind oder wo die Distanz zum 2000-Watt-Gesellschaft-Ziel ausgeprägt sind.

Die Coop-Zeitung Nr. 6/2009 bringt auf den Seiten 8/9 und 14/15 zwei Artikel – „Ökologie: auch kleine Schritte bringens“ und „Kochkunst: Sparen im Alltag“ mit den klassischen Uralt-Energiespartipps. Es ist zwar richtig, dass es viele kleine Schritte braucht, um den Energieverbrauch zu vermindern. Allerdings sind diese Tipps wirklich harmlos und uralt, und sie sind nicht wirklich auf die LeserInnen einer der grössten Schweizer Zeitungen zugeschnitten – und unschön: es geht eigentlich um Werbung für einen Stand von Coop an der Naturmesse.

Neckisch ist die Aussage von Bettina Bernhardsgrütter von Betty Bossi zum Zeitpunkt des Salzens von Kochwasser z.B. für Teigwaren. Frau Bernhardsgrütter behauptet: „Geben Sie das Salz erst ins kochende Wasser. Da Salz den Siedepunkt erhöht, geht es nämlich sonst viel länger, bis ein Liter Wasser den Siedepunkt erreicht hat.

Dazu war schon vor sehr langer Zeit in der ZEIT Nr. 15 aus dem Jahr 2001 zu lesen: „Man hat in beiden Fällen vorher kaltes Wasser und trockenes Salz und nachher kochendes Salzwasser. Und die Energie, die man benötigt, um von einem Zustand zum anderen zu kommen, ist immer gleich, unabhängig davon, auf welchem Weg das geschieht. Im praktischen Versuch kochte übrigens dennoch das gesalzene Wasser schneller.

Tja, ich komme zum Schluss, dass mit diesem Tipp mit Sicherheit nicht die real existierenden Energieprobleme gelöst werden können – respektive, dass die Frage energiepolitisch ohne Relevanz ist. Es ist leider leider zu befürchten, dass dies generell für solche Tipp-Seiten in Zeitungen und anderswo gilt!

Energie kann nur dann im erforderlichen Umfang gespart werden, wenn entweder deutlich effizientere Technik zur Erbringung der bisherigen Dienstleistungen (z.B. warme Stube, Leselicht, Computerleistungen, erfrischende und reinigende Dusche ) eingesetzt werden oder die nachgefragten Dienstleistungen deutlich vermindert werden! Nur solche Tipps, jeweils auf die Dialoggruppe exakt zugeschnitten, vermögen Wirkung zu erzielen, egal ob mit oder ohne schlechtem Gewissen oder mehr oder weniger Spass!

Aus 2kwblog.umweltnetz.ch