Neue Strassentunnel sind keine Lösung

Die Zeit der Eröffnung der erweiterten Baregg-Röhren – oder Baregg-Tunnel – im August 2004 fällt mit einigen interessanten Meldungen zusammen:

  • Wegen der weltweiten Stahlknappheit sind die flankierenden Massnahmen, um den Verkehr auf Zürcher Gebiet einigermassen in den Griff zu bekommen, etwas verspätet. Weil der Kanton Aargau eine massive PR-Kampagne zur Eröffnung durchführt, ist eine Verschiebung des Oeffnungstermins offenbar aus geschlossen.

    Stahlknappheit? Wegen des erhöhten Stahlbedarfs von China – wohlverstanden immer noch deutlich unter dem Pro-Kopf-Verbrauch der 15er EU oder der USA (siehe z.B.
    hier) – ist sowohl eine Verknappung als auch eine Verteuerung des Stahls festzustellen.
    Unabhängig davon, ob die treibende Kraft der „Stahlkrise“ die erhöhte Nachfrage im Vergleich zu den Produktionskapazitäten oder der erhöhte Preis ist, hier zeigen sich klare Auswirkungen der vom Club of Rome bereits vor langer Zeit angesprochenen Grenzen des Wachstums, interessanterweise etwa zeitgleich mit ähnlichen Erscheinungen auf dem Erdölmarkt.
  • Das Bundesamt für Strassen ASTRA hat Anfang August 04 über die Staustundenbilanz
    informiert. Trotz erheblichem Mehrverkehr haben die Staustunden 2003 abgenommen – dank Tropfenzählern am Gotthard und anderen Optimierungen, also ohne Zubau von Strassenflächen! Staus gehören als ganz normale Verkehrsereignisse zwingend zum Gesamtsystem. Es gibt genügend Ausweichmöglichkeiten:

    • Wahl eines anderen Zeitpunktes für die Fahrt
    • Wahl einer anderen Strecke
    • falls es sich um Pendlerstrecken handelt, neue Orientierung im Bezug auf Wohn- und/oder Arbeitsort
    • Wahl eines andern Verkehrsmittel – für fast alle Fahrzwecke bietet sich der öffentliche Verkehr an, für kurze Distanzen gehts auch mit den Füssen oder mit dem Velo.

     
    Staus, die regelmässig an den gleichen Orten festzustellen sind, sind von den Strassenbenutzenden akzeptiert – eine allfällige ökologische Zusatzbelastung durch Staus ist klein im Vergleich zu den Belastungen des Oekosystems durch den Gesamtverkehr.

  • Ebenfalls Anfang August traten im erheblichen Mass Überschreitungen des Luftreinhalte-Grenzwertes des Luftschadstoffes Ozon auf – eine typische Sommersituation, weil die dauernd übermässig vorhandenen Vorläufersubstanzen Stickoxide (NOx) und flüchtige organische Verbindungen (VOC) durch warmes, sonniges Sommerwetter in Ozon verwandelt werden. Kurzfristige Sofortmassnahmen bringen kaum Erleichterungen; erforderlich sind Massnahmen, die die Vorläufersubstanzen dauerhaft deutlich vermindern. Eine gewichtige Quelle dieser Vorläufersubstanzen ist der motorisierte Strassenverkehr – es ist zumindest ungeschickt (um keine deutlicheren Worte zu gebrauchen), wenn ausgerechnet in einer Phase mit übermässigen Ozonbelastungen zusätzliche Strassenkapazitäten zur Verfügung gestellt werden – während gleichzeitig empfohlen wird, die eigentlich gesunde körperliche Tätigkeit zu bestimmten Tageszeiten zu unterlassen. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass der Strassenverkehr nach wie vor erheblich zum übermässigen Ausstoss von Treibhausen (z.B. CO2) beiträgt.

Zusätzlicher Strassenraum ist schlicht und einfach unnötig, solche Bauvorhaben sind verkehrs-, umwelt- und ressourcenpolitisch kontraproduktiv und sollten daher unterlassen werden!