Unbequeme Wahrheit: der Kanton Zürich ist ein plumper Wirtschaftskanton!

In den USA läuft derzeit der Dokumentar-Film „An Inconvenient Truth“ des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore. Er zeigt die Zusammenhänge zwischen menschlichem Verhalten und der Klimaveränderung auf – für viele tatsächlich eine unbequeme Wahrheit. Der Film zeigt – wie eine grosse Zahl von wissenschaftlichen Untersuchungen – auf, dass insbesondere die wohlhabenden Länder nicht mehr so weiter wursteln können, wie sie es bisher getan haben, wenn die voraussehbaren ungünstigen Klimaveränderungen zumindest teilweise verhindert werden sollen.

Diese unbequemen Wahrheiten sind offenbar auch im Kanton Zürich noch nicht angekommen. Trotz ersten eindeutigen Hinweisen auf den Klimawandel haben die Zürcherinnen und Zürcher am 9. Juli 2006 die FDP-Kandidatin Ursula Gut zur Nachfolgerin von Dorothée Fierz in den Zürcher Regierungsrat gewählt. Und dies, obwohl diese Kandidatin einem nachsorgenden, symptom-reaktiven Umweltschutz das Wort redet – und nichts wissen will von Vorsorge und vorausschauendem Umweltschutz, der der masslosen Wirtschaft gewisse Einschränkungen auferlegen muss. Frau Gut ist Vertreterin der Zürcher Schule des Liberalismus, welcher in Kürzestform mit Egoismus und Ellbogismus erklärt werden kann, welcher jeden solidarischen Gedanken an jetzt und zukünftig lebende Menschen als unangemessene Rücksichtnahme betrachtet, welcher Steuerminimierung für Multimilliardäre als oberste Staatsaufgabe betrachtet.

Derartige Politiken, die nachweislich die Lebensqualität sowohl der aktuell und der zukünftig lebenden Menschen, sowohl hier als auch global betrachtet, deutlich verminderen, müssen durch die Demokratie, welche das Allgemeinwohl und nicht die kurzfristigen Interessen einer privilegierten „Randgruppe“ im Auge hat, zwar akzeptiert werden. Tragisch ist es allerdings, wenn derart gegen die Interessen des gesamten Planeten Erde gerichtete Politiken sogar demokratische Mehrheiten finden. Nicht zuletzt darum, weil die Mehrheit unbequeme Wahrheiten – zum Beispiel die dringend erforderliche Gesellschaftsveränderung hin zu einem global verträglichen Lebensstil mit dreimal tieferem Energieverbrauch und fünfmal tieferem CO2-Ausstoss – nach wie vor erfolgreich verdrängt.

Etwas fällt auf: die grüne Kandidatin Ruth Genner wäre in den Städten Zürich und Winterthur gewählt worden. Offenbar sind BewohnerInnen der Städte eher bereit, unbequeme Wahrheiten zu hören und daraus Konsequenzen abzuleiten – auch wenn durchaus die Frage erlaubt ist, ob denn eine Regierungsrätin Genner ernsthafte ökologische Schritte überhaupt in die Wege geleitet hätte, zum Beispiel den sofortigen Baustopp für sämtliche Strassenbauvorhaben, u.s.w.

Trotzdem: es öffnet sich immer stärker ein Graben zwischen dem offenbar ökologisch nicht sehr problembewussten Land (möglicherweise sind die Biotote – in der Regel werden diese auch „Biotope“ genannt – im „gestaltlosen Siedlungsbrei“ (Zitat Bundesamt für Raumentwicklung ARE) für die Mehrheit bereits ausreichend Umweltschutz) und den etwas problembewussteren Städten. Es wird sich zeigen, ob es Frau Regierungsrätin Gut schafft, auch die Interessen der StädterInnen – und damit die globalen Thematiken – in ihrer Politik zu berücksichtigen, oder ob sie im aktuellen Status des dörflichen Egoismus verharrt. Mit Sicherheit hilft auch ihr der Intensivkurs Umweltschutz.