Steuer-Populismus-Mücken

Lügen haben kurze Beine. Das zeigt sich wieder einmal mehr bei einem staatlichen Hehler und damit Gauner: Norbert Walter-Borjans, Finanzminister von Nordrhein-Westfalen. Auch wenn die Zahl von 2.5 Mia Euro zusätzlichen Steuereinnahmen gross erscheint, handelt es sich definitiv um eine Populismus-Mücke, die nicht einmal dem Ziel „Förderung der Steuergerechtigkeit“ dient.

Die Steuergerechtigkeit – alle Einwohnenden tragen entsprechend ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten zur Deckung der finanziellen Lasten bei – ist ein bedeutendes Element eines demokratischen Rechtsstaats. Dazu gehört die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -betrug.

Was derzeit in deutschen Bundesländern mit SPD-Regierungsbeteiligung passiert, hat nichts mit Förderung der Steuergerechtigkeit zu tun, sondern ist tumber Populismus, allenfalls beschönigend als dauernder Wahlkampf zu bezeichnen.

2.5 Mia Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen sollen die Hehlereien diverser deutscher Bundesländer bisher eingebracht haben. Wie ist diese Zahl einzuordnen?

Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei um Nach- und Strafsteuern mit einem erhöhten Satz für mehrere Jahre handelt. Wenn angenommen wird, dass es um Steuern für 4 Jahre mit einem um 50 % erhöhten Satz geht, dürfte der „ordentliche“ jährliche Steuermehrertrag – für Länder und Bund zusammengefasst – rund 0.4 Mia (oder 400 Mio) Euro betragen.

Das gesamte jährliche Steueraufkommen in Deutschland beträgt gemäss Wikipedia rund 600 Mia Euro.

Eine ganz einfache Rechnung: 0.4 Mia ist ein Tausendfünfhundertstel von 600 Mia Euro, gerade etwa 0.67 Promille.

Das heisst: zuerst ist dies ein Kompliment für die deutschen SteuerzahlerInnen: zu 99.93 Prozent sind die deutschen Steuerpflichtigen steuerehrlich! Bezüglich Steuern sind die deutschen SteuerzahlerInnen also ehrlicher als die ÖV-BenutzerInnen: in der Grossregion Zürich sind durchschnittlich 98.5 % der Reisenden mit einem gültigen Fahrausweis unterwegs!

Steuerhinterziehung und -betrug sind also entgegen dem sehr vielen Lärm aus Deutschland (und wahrscheinlich auch der USA) Randphänomene. Sie entscheiden also nicht wirklich über die Finanzkraft der öffentlichen Hand – oder anders: mit grosser Wahrscheinlichkeit ist die heutige Finanzpraxis als nicht nachhaltig zu bezeichnen.

Für dieses bisschen Mehrsteuerertrag haben insbesondere die sozialdemokratischen FinanzministerInnen in den deutschen Bundesländern einiges gegaunert: für Finanztransaktionen über die Landesgrenzen wurde die Unschuldsvermutung abgeschafft, statt auf ein transparentes Verfahren wie die Finanztransaktionssteuer zu setzen, wird der vollständige Austausch von Banktransaktionsdaten gefordert (was den Einsatz einer Steuerpolizei nötig macht, um trotz freiem Kapital- und Zahlungsverkehr die steuerwirksame Beurteilung von Finanztransaktionen vornehmen zu können) und zentral: der Staat untergräbt systematisch das Vertrauenverhältnis von Unternehmen und Mitarbeitenden, belohnt sogar eindeutig kriminelles Verhalten wie Datenklau. Für nicht einmal ein Promille mehr Steuerertrag wird einiges an staatlicher Reputation geopfert – eine solche Vorgehensweise ist weder nachhaltig noch unterstützenswert, zum Beispiel durch ein Steuerabkommen.

P.S. Ich habe – Lohnausweis sei Dank, ich habe auch keine Konten im Ausland – keine eigenen finanziellen Vor- oder Nachteile aus dieser Thematik, kann dies also ausschliesslich als Beobachter und Analyst anschauen.