Ja zu einem Werbeverbot für Tabak

Rauchen gefährdet die Gesundheit sowohl der RaucherInnen als auch durch das Passivrauchen der Nicht-RaucherInnen.

Jede Gesellschaft kennt Rausch- und Suchtmittel und hat
einen mehr oder weniger geklärten Umgang mit diesen Stoffen. Es gilt in der Schweiz beispielsweise als
gesellschaftlich akzeptiert, dass Menschen versuchen, ihre Probleme mit Sucht-
und Rauschmitteln zu übertünchen. Symptombehandlung oder -übertünchung wird der
Einfachheit halber bevorzugt, damit nicht an den Ursachen gearbeitet werden
muss, die Menschen dazu bringen, statt Lösungen Vergessen und Abtauchen zu
suchen.

Die schweizerische Politik ist zum Schluss gekommen, dass
Herstellen, Anbieten und Konsumieren bestimmter Rausch- und Suchtmittel
zulässig ist. Als wesentliche Instrumente zur Beeinflussung des Konsums gelten
einerseits die Besteuerung der Sucht- und Rauschmittel und andererseits
Präventionskampagnen.

Mit andern Worten überlässt die Politik den Umgang mit
Rausch- und Suchtmitteln in erster Linie den Gesetzen des freien Marktes, in
zweiter Linie wird auf die Selbstverantwortung der Direktbetroffenen gesetzt.

Rauchwaren und Alkohol sind Gegenstand beachtlicher
Wirtschaftssektoren. Und weil die Politik als oberstes Gebot die dauernde
Steigerung der Wirtschaftsaktivitäten anstrebt, fragt kaum jemand nach dem Sinn
dieser Wirtschaftsaktivitäten. Als Mass aller Dinge gilt das
Bruttosozialprodukt, für dessen Ermittlung sämtliche bezahlte Tätigkeiten
einbezogen werden, unabhängig davon, ob die Tätigkeit nützlich oder schädlich,
fördernd oder bremsend für das Wohlergehen des Gesamtsystems ist.

Banken wie etwa die Credit
Suisse empfehlen gar Aktien der Tabakindustrie, siehe z.B. Bulletin 3, 2003,
Seiten 48 und 49. Ein Satz daraus ist bezeichnend:

„Es ist heute unbestritten und bekannt, dass Rauchen für
die Gesundheit schädlich ist und süchtig machen kann. In einer liberalen
Gesellschaft bleibt die Entscheidung, zu rauchen oder darauf zu verzichten,
jedoch dem Einzelnen überlassen.“

Leider bleibt die Credit Suisse
die Begründung schuldig, warum es einem Unternehmen selbst in einer ãliberalen
Gesellschaft“ erlaubt sein soll, Menschen süchtig zu machen und gesundheitlich
zu schädigen. Und dies ist bedeutend, weil mit dieser Haltung einer der
zentralen Werte der Aufklärung in Frage gestellt wird, nämlich der kantsche
Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen
kannst, dass sie allgemeines Gesetz werde“. Oder einige Schritte mehr Richtung
Sprichwort: „Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem andern
zu“.

Nicht einmal die Credit Suisse
kann ernsthaft meinen, es könne gesellschaftliche Regel sein, andere süchtig
und krank machen zu wollen! Aktien von Zigarettenfirmen können aber nur dann
empfehlenswert sein, wenn immer noch mehr Zigaretten produziert werden – wenn
also mehr Menschen rauchen und/oder der/die einzelne RaucherIn mehr Zigaretten
raucht. Dies bedeutet aber zwangsläufig, dass mehr Menschen tabaksüchtig werden
und damit mehr Menschen krank werden. Gerade dies kann eine liberale
Gesellschaft nicht wollen, weil Sucht und Krankheit die Fähigkeit zur
eigenständigen Entscheidung erheblich reduzieren. Ins gleiche Kapitel gehören
die Einschränkungen, die Rauchende den Nichtrauchenden aufzwingen: es gibt
genügend Menschen, die z.B. nicht mehr gerne ein Restaurant aufsuchen.

Fazit 1: Weder Rauchen noch das Anbieten von Rauchwaren
kann in irgend einer Weise als erstrebenswert betrachtet werden. Somit ist es zweckmässig,
die Werbung für Tabakprodukte zu verbieten. Werbeverbote für Tabakwaren sind
gerechtfertigt!

Die Tabakindustrie bietet
Arbeitsplätze, ein grosses Spektrum von Arbeitsplätzen, über die gesamte Kette
von der Tabakpflanze bis zu Werbung für den Verkauf der Tabakprodukte (zynische
Menschen würden möglicherweise die Arbeitsplätze im Gesundheitsbereich oder die
mit Tabaksteuern finanzierten Arbeitsplätze in der Verwaltung zumindest
teilweise auch noch der Tabakindustrie zurechnen). Wenn weniger geraucht würde,
müsste sich die Tabakindustrie verkleinern, könnte weniger Rendite
erwirtschaften, könnte weniger Arbeitsplätze anbieten: es gäbe eindeutiger
weniger Erwerbsmöglichkeiten. Es gibt zudem weitere Branchen, bei der die
Verwendung der Produkte Folgen für Wohlergehen und Gesundheit der Menschen
haben – bis hin zur Bedrohung des Lebens als solches auf dem Planeten Erde. Und
dieser Frage hat sich die Gesellschaft zu stellen: welche Tätigkeiten, welche
Handlungsweisen sind für jede und jeden Einzelnen zulässig, damit sie im Sinne
des kantschen Imperativs für die Welt als ganzes zulässig sind. Daraus
abgeleitet: wie und auf welchem Niveau kann die wirtschaftliche Existenz der
Menschheit gesichert werden, wenn wohlüberlegt auf verschiedene Erwerbsmöglichkeiten
verzichtet wird?

Wenn die Tabakindustrie für
sich und stellvertretend für Rauchende in Anspruch nimmt, trotz anerkannter
negativen Folgen etwas tun zu dürfen, was für das Gesamtsystem nicht zulässig
ist, stellt sie sich ein weiteres Mal gehen eine grundlegende Erkenntnis der
Aufklärung, nämlich gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Fazit 2: Eine liberale
Gesellschaft braucht zwingend die Möglichkeit, gegen übermässige
Beanspruchungen von allgemeinen Grundsätzen vorzugehen. Die Produktion von
Tabakwaren und das Rauchen derselben sind Tätigkeiten, die eine übermässige
gesellschaftliche Beanspruchung darstellen. Eine Einschränkung ist damit
zwingend erforderlich.