Nein zu E-Voting

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat Anfang Oktober 2003 einen Auftrag zur Realisierung eines Pilotprojektes E-Voting (Wahlen und Abstimmungen auf elektronischer Basis) erteilt.

Dass ein solches Pilotprojekt technisch machbar ist, ist durchaus denkbar. Dass dabei die Grundsätze eines demokratischen Verfahrens eingehalten werden, ist bereits sehr fraglich. Kann in elektronischen Systemen das Wahl- und Abstimmungsgeheimnis mit absoluter Sicherheit gewährleistet werden? Wohl kaum. Ebenso steht es mit dem Grundsatz „eine Person, eine Stimme“. Auch zur einfachen Zugänglichkeit des Verfahrens bestehen Zweifel: sowohl die private Verfügbarkeit der EDV-Infrastruktur als auch die eher komplexen Abläufe lassen Zweifel aufkommen, ebenso die Praxis, dass die Oeffnungszeiten der Urnen bereits massiv eingeschränkt wurden, ein alternatives Verfahren also nur sehr eingeschränkt zur Verfügung steht. Die Bequemlichkeit, Abstimmen und Wählen als Convenience-Produkt, ist kein ausreichender Grund, E-Voting einzuführen.

Das (passive) Wählen und Abstimmen ist ein Aspekt, die aktive Mitgestaltung über das Unterschreiben von Initiativen und Referenden der andere, eher wichtigere Aspekt der direkten Demokratie. Im kantonalen Pilotprojekt E-Voting ist zu dieser Thematik nicht ein einziger Buchstabe zu finden. Bereits heute ist das Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden mit erheblichem Aufwand verbunden, insbesondere dann, wenn viele Freiwillige sehr viel Freizeit investieren. Die Oeffentlichkeit entsetzt sich zwar über die bescheidene Bezahlung von UnterschriftensammlerInnen, vergisst aber, dass das Sammeln von Unterschriften mit den Mitteln der Direktwerbung (Versand von Unterschriftenbogen) sehr, sehr kostspielig ist und immer häufiger nur von sehr finanzkräftigen Organisationen und Parteien durchgeführt werden kann. Das E-Voting erschwert das Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden zusätzlich, weil eine der wichtigen Unterschriftensammelmöglichkeiten, nämlich vor den Wahl- und Abstimmungslokalen, weiter eingeschränkt wird. So wird die direkte Demokratie noch viel stärker von jenen Kräften abhängig, die über erhebliche Mittel verfügen – aus dem Volksrecht wird ein Geldrecht. Das kann und darf nicht sein!
Im übrigen: Behörden haben offenbar das Bedürfnis, die Volksrechte Initiative und Referendum einzuschränken, neben E-Voting beispielsweise auch die dauernden Diskussionen um die Erhöhung der Unterschriftenzahlen. Wollen sich die Behörden durch das Volk nicht stören lassen?

Das E-Voting-Pilotprojekt beschränkt sich auf die technische Machbarkeit und hat als einziges Ziel die Durchführung einer „Test“-Abstimmung. E-Voting mit erheblichen Auswirkungen auf die direkte Demokratie kann und darf nicht ausschliesslich eine Frage der technischen Machbarkeit sein, sondern ist zuerst und dringlich einer intensiven Technologiefolgen-Abschätzung zu unterziehen. Von derartigen Überlegungen ist in den Pilotprojekten nichts zu finden.
Deshalb: Nein zu E-Voting!