Teddy-Summer – oder Denken vor der Parkplatzsuche!

Teddy-Bären sind beliebt bei Kindern, weil sie viele Eigenschaften haben, die die kindliche Fantasie anregen – sie hören gut zu, sie eignen sich für Projektionen, sind anschmiegsam.

Wenn nun diese Spielfiguren, massiv vergrössert, in hartem Kunststoff, zu Werbeträgern umfunktioniert, in fast unendlich grosser Zahl die Innenstadt von Zürich belegen, ist dies letztlich ein Missbrauch der kindlichen Erinnerung für Zwecke des Kommerzes. Kühe, Löwen, Bänke – diese Objekte hatten wenigsten einen sehr direkten Bezug zum kommerziellen Zürich – Milch als eine der Grundlagen der frühen Schweizer Volkswirtschaft, Löwen als Schildhalter des Stadt- und Kantonswappen, Bänke einerseits als Ruhepunkt in der hektischen Stadt des Geldes, andererseits mit dem gleichen Wortstamm wie die Banken, dem „Arbeitsort“ des Geldes. Aber Bären? Ja, in Bern, in Berlin vielleicht, oder im Zoo, im Tierpark. Aber in der Stadt Zürich? Was bezweckt die City Vereinigung Zürich mit der schon fast ins Monströse gehenden Vergrösserung und Multiplikation des niedlichen Kinderspielgefährten? Soll damit die Innenstadt – in erster Linie Arbeitsplatz- und Einkaufszentrum – dank dem Sympathie-Träger Teddybär verklärt werden? Oder waren die eher rundlichen Teddybären einfach jene Kunststoffiguren, die am meisten Platz für Werbefläche boten? Oder geht es ganz einfach um Beliebigkeits-Sauglattismus, als Spiegel der aktuellen Zeit? Auf jeden Fall erreicht die City Vereinigung Zürich mit ihrer Aktion, dass Zürich wahrgenommen, möglicherweise spielt es marketingmässig keine Rolle, in welcher Form über eine Stadt gesprochen wird, Hauptsache, es wird.

Zur Bekanntmachung des Teddy-Summers diente ein Sonntagsverkauf Ende Mai 2005, für Zürich eine Novität ausserhalb der Konsumwahnzeit Weihnachten. Mit der ziemlich banalen Idee der City Vereinigung Zürich, einzelne Parkhäuser gratis anzubieten. Es stellt sich schon die Frage, warum es die City Vereinigung Zürich darauf ausgelegt hat, dauernd zu provozieren – nämlich die Sozialpartner mit dem Thema des Sonntagsverkaufes, und die ökologisch engagierten Menschen mit einer einseitig auf die Autofahrenden ausgerichteten Verkehrspolitik.

Und dies, obwohl bekannt ist, dass insbesondere die autofreien Gebiete in der Innenstadt für die Innenstadt-BesucherInnen besonders attraktiv sind. Wo bleiben die Sonderangebote der City vereinigung Zürich für jene, die umweltfreundlich in die Stadt reisen? Was tut die City Vereinigung Zürich dafür, dass noch mehr Menschen als bisher mit dem Umweltverbund in die Stadt reisen? Schliesslich ist die Zürcher Innenstadt ausserordentlich gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen – S-Bahn, Tram, Bus, selbst das Limmatschiff stehen mit dem gleichen Ticket des Zürcher Verkehrsverbundes zur Verfügung. Auch die Füsse finden gute Wege in der Innenstadt (einzig das Velo wird noch nicht entprechend den Vorteilen gefördert. Als Beleg für die eigenartige Haltung der City Vereinigung Zürich: am 30. Mai 2005, einen Tag nach den Gratisparkplätzen für Sonntagseinkaufende, gibts auf der offiziellen Internetseite der City Vereinigung Zürich einzig einen Link zu „Parkieren in Zürich“; selbst in der Linksammlung fehlen Links z.B. zu SBB, VBZ oder ZVV – den öffentlich geförderten öffentlichen Verkehrsmitteln, wichtigste Umsatzbringer für die Geschäfte in der Innenstadt von Zürich.

Der Präsident der City Vereinigung Zürich, Robert Ober, schafft es einmal mehr, mit sehr eigenartigen Argumenten vom fehlenden Verantwortungsbewusstsein der City Vereinigung abzulenken. Erstens behauptet er, es sei jedem freigestellt, welches Verkehrsmittel er wähle. Diese Aussage stimmt nachweislich nicht – die vielfältigen negativen Folgen des motorisierten Strassenverkehrs verlangen in einer aufgeklärten Gesellschaft, dass sich der und die Einzelne nur so viel Freiheiten nimmt, dass es für die Allgemeinheit verträglich ist (z.B. kantscher Imperativ, eine der Grundlagen der Aufklärung) – und dass so häufig wie möglich auf das Autofahren verzichtet wird. Mit Gratisparkplätzen – für das Parken während 3 Stunden immerhin eine Giesskannensubventionen von am Sonntag etwa 6 Franken, an Wochentagen von rund 12 Franken – gibt allerdings die City Vereinigung zu erkennen, dass ihr an einem solch aufgeklärten und eigenverantwortlichen Handeln nicht gerade viel liegt.

Zweitens behauptet Herr Ober, dass es umweltfreundlicher sei, wenn der Automobilist gezielt ins Parkhaus fahre, statt ewig auf der Suche nach einem Parkplatz durch die Stadt zu kurven. Nun, die Statistik des Parkleitsystems der Stadt belegt, dass sich die Autofahrenden nicht entsprechend den Vorstellungen von Herrn Ober verhalten: wenn seine Theorie stimmt, müssten allen Parkhäuser in der Innenstadt gleichmässig belegt sein, was aber nicht eintritt: einzelne sind dauernd ausgebucht, während andere noch freie Parkplätze haben. Herr Ober: der umweltfreundlichste Parkplatz ist eindeutig der Abstellplatz bei der eigenen Wohnung, oder noch besser ein Mobility-Parkplatz – und dies wäre auch die billigste Lösung, weil Autofahren wesentlich teurer ist (Quelle: TCS) als das Unterwegssein mit dem öffentlichen Verkehr! Mit Gratisparkplätzen verfälscht also die City Vereinigung nicht nur die ökologische, sondern auch die ökonomische Verkehrsmittelwahl.


P.S. Die ausschliesslich männlichen Formulierungen von Herrn Ober stammen aus Originalzitaten aus dem Tages-Anzeiger vom 30. Mai 2005.