Steinbrück’s Zechpreller-Staat

Klar ist: die Rechtslage darf es potentiellen SteuerhinterzieherInnen und SteuerbetrügerInnen nicht erlauben, ihre Gelder der Besteuerung entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu entziehen. Es scheint allerdings erforderlich zu sein, selbst im deutschen Sprachraum eine gewisse Vereinheitlichung der Sprachregelungen über die Bedeutung von Wörtern zu finden (z.B. Souveränität). Und ebenso: Herr Steinbrück kaschiert mit seiner forschen und unflätigen Art, dass er Finanzminister eines Zechpreller-Staates ist!

Deutschland weigert sich immer noch, endlich Verbrauchsvorgaben für Benzin- und Dieselautos zu erlassen, die einen wesentlichen Beitrag zur Verminderung des menschgemachten Klimawandels erbringen würden. Man betreibt lieber Strukturerhaltung, hätschelt eine Automobilwirtschaft, die Statussymbole mit massiv übermässigem Diesel- und Benzinverbrauch produziert – von VW über Audi und Mercedes bis zu Porsche. Und betreibt damit strukturelle Industrie-Erhaltung. Egal ob via Abwrackprämien oder Subventionen, der deutsche Staat verschwendet Milliarden – das sagt auch die OECD! Ein solcher Staat verhält sich nicht nachhaltig, fördert den übermässigen ökologischen Fussabdruck seiner EinwohnerInnen – ist also im Bezug auf diese Erde zechprellerisch unterwegs. Mit seiner unflätigen Rhetorik kann zwar Herr Steinbrück populistisch davon ablenken. Doch: so viele SteuerbetrügerInnen gibt es nicht einmal in Deutschland, dass die (erpresste) Modifikation eines immerhin demokratisch legitimierten Gesetzesabschnittes die Zechprellereien des deutschen Staates finanzieren könnte! Auch Deutschland lebt auf zu grossem Fuss, und kann sich seinen Wohlstand (wie übrigens auch die Schweiz) nicht wirklich leisten. Darum: deutlich mehr Gelassenheit! Unterdessen dürften auch FDP- und SVP-PolitikerInnen in der Schweiz gemerkt haben, dass die hochgejubelte Differenzierung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug nicht einmal von der Mehrheit der SchweizerInnen verstanden wird, insbesondere von einer Mehrheit, die von dieser Unterscheidung mit Sicherheit nicht profitieren möchte/könnte/wollte.

Selbst die populismuskonforme Umformulierung des Verhältnis von BankkundIn zu Bank wird allerdings nichts daran ändern: die Staaten mit ihren Monster-Subventionen für die wirtschaftliche Strukturerhaltung sind weit davon entfernt, eine nachhaltige Finanzpolitik zu betreiben. Dies kann nur geändert werden, wenn auch diese Staaten begreifen, dass nur über das bedingungslose Grundeinkommen für alle endlich Abschied genommen wird vom Zechpreller-Prinzip als Grundhaltung der Staatsleitung! Und es ist nicht weiter verwunderlich, dass auch Private durch dieses Zechprellergehabe ähnliches haben wollen und darum nach Möglichkeiten der „Steueroptimierung“ suchen. Denn: ein Staat, dem die Einwohnenden die Steuern wegbetrügen oder weghinterziehen, geniesst keine hohe Glaubwürdigkeit!


Nachtrag 14.3.09:
Auch wenn jetzt die Schweiz den OECD-Standard bei der Amtshilfe in Steuersachen übernehmen will: im Moment ist „die Schweiz“ der Bundesrat. Oberste Instanz und damit Hüterin der Demokratie und der Souvernität ist eben der „Souverän“: das Volk, die Gesamtheit der Stimmberechtigten. Auch wenn sich Finanzminister, KanzlerInnen und weitere AmtsträgerInnen verschiedener Länder wie Autokraten (immerhin schwach demokratisch legitimiert) aufführen: Nötigung und Erpressung kommen in Basisdemokratien schlecht an – wenn das Ausland das Bankgeheimnis seit bald 80 Jahren akzeptiert hat, kann es jetzt nicht eine Frage von Tagen und unter Umgehung der Demokratie, des Rechtsstaates und der Souveränität sein, diese jahrzehntelang akzeptierte Praxis zu verändern – sonst spielen all diese autokratischen ausländischen Potentaten der SVP in die Hände, ausgerechnet jener Partei, die zu den grössten Zechprellern in der Schweiz gehört. Denn: selbst die Abschaffung des Bankgeheimnisses in der Schweiz kann das fundamentale Staatsversagen wichtiger Wirtschaftsnationen im Bezug auf die Nachhaltigkeit ihrer Finanzpolitik nicht aufheben!

Herr Steinbrück, dringende Bitte, sonst gibt es in der Schweiz keine Veränderung des Bankgeheimnisses: seien Sie endlich ruhig mit Ihren arroganten, ignoranten und dummen Sprüchen und dem ganzen autokratischen Getue! Beachten Sie bitte: nicht Ihr unanständiges und unangemessenes Geschnorre hat einen Prozess in der Schweiz bewirkt, sondern die Haltung an der Basis der Demokratie, bei den Simmberechtigten. Endlich fanden nämlich jene Gehör, die schon lange einen ethischen Schub beim Bankwesen wünschen. Nochmals, Herr Steinbrück: je lauter Sie zukünftig plärren, desto grösser wird der Anteil derjenigen Stimmenden, die sich von der SVP beeinflussen lassen. Zeigen Sie endlich Respekt von der jahrhundertealten direkt-demokratischen Tradition in der Schweiz! Und eben: machen Sie sich keine Illusionen darüber, dass Sie mit den Angriffen auf die Schweiz Ihren Haushalt in Griff bekommen! Und dann haben wir mindestens noch einige Wünsche an Ihr Land: reduzieren Sie endlich den Gütertourismus auf der Strasse, damit endlich die in der Schweizerischen Verfassung verankerte Alpeninitiative umgesetzt werden kann. Und sorgen Sie dafür, dass in Ihrem Land nur noch Autos gebaut werden, die maximal 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen! Denn: auch Sie haben Hausaufgaben zu lösen – und das geht ehrlicherweise am besten mit Nachdenken, Ruhe und harter Arbeit, nicht mit Lautschreien!


Nachtrag 20.3.2009

Von der Aufspürung der Steuerflüchtlinge hänge es unmittelbar ab, ob in Deutschland die Abgaben gesenkt werden könnten oder mehr Geld für Investitionen etwa in Bildung zur Verfügung stehe. Dies sagte Zechpreller-Steinbrück gemäss NZZ vom 20.3.09. 2008 betrug das Haushaltdefizit der Bundesrepublik Deutschland 11.5 Mia Euro, für 2009 wird es erheblich grösser werden. Zu hoffen, dass mit einer Indianer- und Peitschenhaltung gegenüber der Schweiz diese Defizite zum Verschwinden respektive sogar ins Plus gedreht werden können (was eine Senkung der Abgaben möglich machen würde, ist angesichts der realen Verhältnisse mehr als illusorisch!


Erste Fassung: 11. März 2009