Die EU ist ein Demokratiedefizit

Bekanntlich wurde die Europäische Union als Wirtschaftsunion gegründet. Die Wirtschaft funktioniert nicht nach demokratischen Regeln, sondern nach den Gesetzen der wirtschaftlichen Stärke. Auch wenn es seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG einige zaghafte Schrittchen hin zu ein bisschen mehr Demokratie gegeben hat: als Wirtschaftsunion ist die EU nach wie vor ein Demokratiedefizit.

Dies lässt sich beispielsweise an den Reaktionen der EU-Verantwortlichen auf die Abstimmungsergebnisse zur unsinnigen EU-Verfassung ableiten: in diesen Konstrukten war (und ist) ein demokratisch immer mögliches Nein schlicht nicht vorgesehen! Statt eine bessere Lösung zu suchen, werden die ablehnenden Staaten genötigt, den gleichen Unsinn nochmals zur Abstimmung zu bringen.

Sollten die Schweizer Stimmberechtigten am 8. Februar 2009 zur Weiterführung des Abkommens über die Personenfreizügigkeit und die Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien Nein sagen, dann wird auch das Demokratiedefizit EU nicht darumherum kommen, in aller Ruhe und in Respekt vor der Souveränität der Stimmberechtigten der Schweiz die Lage zu analysieren und nach anderen Wegen zu suchen. Eines ist klar: Erpressungen, wie sie beispielsweise der EU-Botschafter in der Schweiz Michael Reiterer von sich gibt, kommen bei den urdemokratisch geübten SchweizerInnen in der Regel schlecht an. Die Schweiz hat für Staatsverträge das Mitbestimmungsrechts der Stimmberechtigten verankert; da kann es gar nicht möglich sein, dass ein Nein zu diesen Staatsverträgen automatisch ein gesamtes Regelwerk versenkt – ausser die EU besteht auf ihrer Eigenheit als Demokratiedefizit. Politik ist nicht einfach nur ein eindimensionales Verwaltungsverfahren, sondern braucht die Überzeugungskraft, um im Minimum 50 % plus eine Stimme zu überzeugen (auch wenn solche Ergebnisse nicht zu tragfähigen Lösungen führen).

Aus dieser Sicht spielt es keine Rolle, ob am 8. Februar 09 über ein Gesamtpaket aus Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit oder je nur über die beiden Einzelbereiche abgestimmt wird – dies zur Differenzierung von der SVP-Position (da es in der Politik weder heilige noch unheilige Allianzen gibt, sondern allenfalls die gleiche Antwort aus dem sehr beschränkt möglichen Antwortspektrum aus verschiedenen Gründen, ist das Schielen nach der Opportunität beim Ausfüllen des Stimmzettels unnötig und gefährdet die Demokratie).

Was ist nun die „richtige“ Abstimmungsantwort für den 8. Februar 09? Da ich bis anhin genau wegen des Demokratiedefizites zu jeder dieser EU-Vorlagen Nein gesagt habe, bin ich in meinem Entscheid für den 8. Februar 09 frei (und ausnahmsweise berufe ich mich bei dieser Abstimmungsfrage auf das Abstimmungsgeheimnis). Wer bis jetzt zu allen EU-Vorlagen Ja gesagt hat, hat diese Entscheidungsfreiheit nicht – da gibt es auch am 8. Februar 09 nur ein Ja zur Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit. Oder halt doch nicht?