Zukunft oder doch eher Sackgasse?

Der amerikanische Präsident Barack Obama hat beschlossen, dass der Benzinverbrauch der in den USA produzierten Autos zu sinken hat, und zwar bis zum Jahr 2016 um 30 Prozent auf etwa 6.6 Liter pro 100 km. Was auf den ersten Blick nach einer guten Sache aussieht, ist eine Sackgasse.

In der Schweiz hätte der Verbrauch innerhalb von 8 Jahren um 2 Liter auf 6.4 Liter abgesenkt werden müssen, der Verbrauch hätte um einen Viertel abgesenkt werden müssen. Dies ist bei weitem nicht gelungen – trotz dieses Misserfolges sieht der Bundesrat weiterhin keine CO2-Abgabe auf Treibstoffe vor, ein weiterer Kniefall vor der Windschutzscheiben-Lobby. Zudem: der „Erfolg“ bei der Verbesserung der Energieeffizienz wird schweizweit überkompensiert durch die Zunahme der Verkehrsmenge. Um also einen echten Klimaschutzbeitrag zu leisten, müsste der spezifische Verbrauch deutlich stärker und deutlich schneller abgesenkt werden! Das 3-Liter-Auto müsste bis 2016 ohne Probleme möglich sein.

Nur: sowohl die Absichten der USA als auch ein 3-Liter-Auto sind Sackgassen. Sie beruhen nach wie vor auf dem endlichen, fossilen Energieträger Erdöl. Der übermässige Verbrauch dieses Energieträgers ist hauptverantwortlich für den menschgemachten Klimawandel. Wie die gegenwärtige Finanzkrise und damit verbunden die globale Krise der Automobilindustrie zeigt, ist das Auto alles andere als nachhaltig, nicht einmal aus ökonomischer Sicht. Macht es Sinn, auf energieeffizientere Autos mit fossilen Energieträgern zu fokussieren, wenn aus technischen Gründen mit einem Verbrennungsmotor höchstens 15 Prozent der eingesetzten Energie genutzt werden können? Wäre es nicht besser, die Anstrengungen direkt auf ausschliesslich erneuerbare Energien für den Individualverkehr zu fokussieren?

Es braucht zuerst eine nachhaltige Siedlungspolitik, die dafür sorgt, dass insbesondere die Alltagsmobilität deutlich reduziert wird. Arbeitsplätze, Ausbildungsstätten, Einkaufsmöglichkeiten, Wohnraum, Erholungs- und Sportangebote gehören nahe zusammen, damit im Alltag hauptsächlich der Oekoverbund – öffentlicher Verkehr, Füsse, Velo – ausreichen.

Wasserstoff als möglicher Energieträger für den Verkehr ist ausschliesslich ein Speichermedium – eine ökologisch verantwortbare Herstellung ist noch nicht in Sicht. Biomasse könnte nur einen Teilbeitrag zur Abdeckung des Energiehungers des Autoverkehrs leisten – und steht in direkter Konkurrenz mit der Lebensmittelversorgung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte Strom sehr geeignet als Antriebsmittel für die zukünftigen Strassenverkehrsgefässe sein. Auch hier gibt es diverse Probleme zu lösen, etwa auch die Beschränktheit endlicher Ressourcen für die Herstellung z.B. der Batterien oder der Motoren. Oder technische Aspekte: soll die Batterie im Fahrzeug fest installiert sein (mit entsprechenden Ladezeiten) oder soll an „Batteriestationen“ einfach die Batterie ausgetauscht und ausserhalb des Fahrzeugs geladen werden? Angesichts der Tatsache, dass man sich in Deutschland erst gerade jetzt auf einen gemeinsamen Anschlussstecker für Elektrofahrzeuge geeinigt hat, stellt dieser Systementscheid eine erhebliche Herausforderung dar.

Da der Wirkungsgrad elektrischer Antriebe deutlich höher ist als von Verbrennungsmotoren, wird erheblich weniger Energie gebraucht. Da so oder so erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen, die Stromversorgung ausschliesslich mit erneuerbaren Energien in nachhaltiger Nutzung sicherzustellen, stellt es keine wesentliche Zusatzherausforderung dar, auch den zusätzlichen Bedarf an Strom für die Fahrzeuge aus erneuerbaren Quellen nachhaltig bereitzustellen – die damit verbundene Erhöhung der Unterwegskosten ist durchaus erwünscht.

Das Beispiel des Mondladungsprogrammes der USA in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts hat gezeigt: grosse Ziele lassen sich selbst mit kurzen Umsetzungszeiten sehr wohl erreichen. Der bessere Vorschlag für die neue Autoproduktionspolitik nicht nur der USA: ab 2016 werden nur noch Neuwagen mit Elektroantrieb in Betrieb genommen, beliefert ausschliesslich mit Strom aus erneuerbaren Quellen aus nachhaltiger Nutzung! Und selbstverständlich verknüpft mit flankierenden Massnahmen, die zu einem echten Verkehrssparen führen!


Nachtrag 25.5.09, angesichts der eigenartigen Diskussionen in Deutschland im Vieleck VW, Porsche, Opel, Fiat, …

Die heutige Automobilwirtschaft hat schlicht nichts mit Nachhaltigkeit zu tun – da erstaunt das Einstehen insbesondere sozialdemokratischer Minister in Deutschland für die Autoindustrie schon einigermassen. Das Auto steht sinnbildlich für Entwicklungen, die die Gesellschaft sowohl ökologisch wie ökonomisch in die Sackgasse geführt hat. Wenn es um die Arbeitnehmenden der Automobilindustrie geht, dann ist es sinnlos, ja gar gefährlich, mit erheblichen Staatsbeiträgen eine Wirtschaft zu erhalten, die Sackgassenpotenzial hat. Da gibt es nur eine Lösung: es braucht endlich das bedingungslose Grundeinkommen für alle! Und es braucht eine wesentlich verkleinerte und auf die tatsächlichen Transportbedürfnisse ausgerichtete Fahrzeugproduktion, in erster Linie für die Transportbedürfnisse des Gewerbes (Handelsreisende und Service-Fachleute, Montage-Personal, …) und Dienste wie Mobility. Also einfache, robuste, wartungsarme Vielzweckfahrzeuge, ohne Sozialprestige, auf Kurz- und Mittelstrecken ausgerichtet, mit einer Maximalgeschwindigkeit von beispielsweise 120 km/h, mit einem Elektroantrieb. Kurz: eine Industrie für nachhaltige Verkehrsbedürfnisse!

Erste Fassung 20.5.09