Wohnen: auch ein Beitrag zur 2000-Watt-Gesellschaft, deshalb keine Luxuswohnungen mehr

Regelmässig gibt es in der gleichen Woche mehrere Medienberichte, die sich sehr passend kombinieren lassen. Hier ein Beispiel zum Thema Wohnen:

  • Am Mittwoch 26.1. berichtete der Stadtrat von Zürich über seinen Antrag zur Schaffung einer neuen Stiftung für kostengünstige Wohnungen – ausdrücklich Wohnungen mit einfachem Standard und bescheidenen Flächen, geachtet wird auf die genügende Belegung der Wohnung, diese Politik versteht der Stadtrat als weiteren Beitrag auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft und zum haushälterischen Umgang mit dem immer knapper werdenden Boden.
  • Am Donnerstag 27.1. ist zu lesen, dass das ehemalige Hotel Atlantis über dem Triemli zu Luxuswohnungen umgebaut werden soll.
  • Ebenfalls am 27.1. wird die nationale Gebäude- und Wohnungsstatistik veröffentlicht – darin enthalten der Hinweis „Neue Wohnungen sind grösser“.

Eine Meldung also Richtung Neue Einfachheit – LOVOS (Lifestyle of voluntary simplicity), der Lebensstil der freiwilligen Einfachheit, wobei gerade die zukünftigen MieterInnen dieser beantragten Stiftung eher nicht freiwillig zur Einfachheit gekommen sind.

Zwei Meldungen zu Wohlstand, Luxus und Überfluss im Wohnbereich – obwohl auch die bereits sehr hohen Flächenansprüche im Wohnungsbereich einen erheblichen Beitrag zum übermässigen ökologischen Fussabdruck der Luxus- und Überflussgesellschaft beitragen. Zentral dabei ist auch, dass die erhebliche Zunahme der Wohnfläche pro Person direkte Ursache der Zunahme der Mietzinsen ist.

Mit 75 Millionen Franken Stiftungskapital soll diese neue Stiftung ausgestattet werden – etwas mehr als die verwandte Stiftung PWG, die in den 20 Jahren ihres Wirkens etwas mehr als 1200 Wohnungen und Gewerberäume erwerben konnte – etwas mehr als ein halbes Prozent des städtischen Wohnungsangebotes. Es ist also voraussehbar, dass auch diese neue Stiftung eine eher symbolische Wirkung im städtischen Wohnungsmarkt haben wird.

Nicht bloss symbolisch darf allerdings die mit dieser Stiftungsgründung verbundene Botschaft der Einfachheit und Bescheidenheit, des Beitrags zur 2000-Watt-Gesellschaft und des haushälterischen Umgangs mit dem Boden sein. Solches Wohnen gehört zu den Ansprüchen, die aus der Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen für alle abgeleitet werden können.

Das Projekt der Luxuswohnungen im ehemaligen Hotel Atlantis ist – nach dem in dieser Hinsicht mehr als unsinnigen Geschäft Winkelwiese – ein Ankerpunkt der städtischen Wohnungspolitik. Ganz simpel: in einer begrenzten Welt eignet sich Wohnraum nicht als Luxusgut!

Vorerst ist festzuhalten, dass nach heutigen Grundsätzen der Raumordnungspolitik dieses Grundstück gar nicht mehr eingezont werden dürfte – weil dieses Bauvorhaben somit einen unzweck- und übermässigen Eingriff in die Ressource Raum darstellt, ist dafür zu sorgen, dass die Allgemeinheit einen optimalen Nutzen aus diesem Grundstück hat. Luxuswohnungen erfüllen diesen Anspruch definitiv nicht! Zudem ist das Gebäude in einem baufälligen Zustand – ein Abbruch der bestehenden Gebäudestruktur ist somit angezeigt. Ein Neubau an dieser Stelle hat den Ansprüchen an Einfachheit und Bescheidenheit zu genügen – ein breiter Mix an Wohnungen unterschiedlicher Grösse, eine Reihe von wohnungsnahen Grundangeboten von der Kinderkrippe über Versammlungslokale oder das ebenfalls an der Einfachheit orientierte Restaurant für Uetliberg-AusflüglerInnen bis hin zu Ladengeschäften für die tägliche Lebensmittelversorgung – bis hin zu Überlegungen von Urban Farming im Zusammenhang mit dem Bio-Döltschihof. Die Nähe zur Haltestelle der S-10 (Uetlibergbahn) und das ideale Naherholungsebiet Uetliberg ermöglichen autofreies oder zumindest stark autoreduziertes Wohnen.

Die ersten Aussagen der bisherigen Eigentümerschaft der Schon-Fast-Ruine Atlantis zeigen, dass diese in der traditionellen ausschliesslich renditemaximierten Liegenschaftsstrategie verhaftet sind (P.S. Der Verständlichkeit halber: ich erachte eine nachhaltige Rendite aus der Bewirtschaftung von Grundstücken und Liegenschaften nicht als Spekulation – angesichts der Knappheit der öffentlichen Güter Boden und Raum bevorzuge ich allerdings den Grundsatz der Eigenwirtschaftlichkeit, wie er etwa von Genossenschaften gepflegt wird, als zukunftsfähige vor. Im Minimum ist anstelle von individuellem Wohneigentum ein Nutzungsrecht zu bevorzugen.).

Das heisst: sowohl angesichts der aktuellen Haltung der Eigentümerschaft dieses Grundstückes als auch der rechtlichen Lage (diese setzt die Prioritäten ebenfalls bei der ausschliesslichen ökonomischen Verfügbarkeit der Eigentümerschaft über Grundstücke und Gebäuden) ist erheblicher politischer und gesellschaftlicher Diskurs über die zukünftige Nutzung dieses und ähnlicher Grundstücke erforderlich. Ein erster Ansatz: SP-Petition „Keine Luxuswohnungen im Atlantis„, auch wenn sich die SP einmal mehr vor allem „billige Wohnungen“ (was nicht das gleiche wie „günstig“ ist) vornimmt – die ökologische Vorbildlichkeit eines solchen Bauvorhabens mit den Aspekten Einfachheit und Bescheidenheit wird nicht gefordert!

Längerfristig ist eine stark lenkende und vollständig an die Haushalte rückerstattete Abgabe auf Wohnraum einzuführen, parallel und gleichzeitig mit einer stark lenkenden und vollständig an Haushalte und Wirtschaft rückerstattete Abgabe auf allen Energieträgern.