Wir wollen Energiepolitik statt Realsatire

Atomenergie ist weder nötig für eine sichere Stromversorgung noch kann sie einen Beitrag leisten zur Minderung der Folgen des Mensch gemachten Klimawandels. Atomenergie ist einzig noch das Hobby einiger ewiggestriger LobbyistInnen, die es geschafft haben, sich ihre Hobbies vom Staat und von der Allgemeinheit finanzieren zu lassen. Was derzeit in Deutschland abläuft, was demnächst auch für die Schweiz zu befürchten ist, kann nur noch als Realsatire bezeichnet werden.

In einem grossen Konsens wurde in den Jahren 2000 bis 2002 in Deutschland ein Atomausstiegs-Szenario beschlossen. Die gesellschaftsunverträgliche Atomenergie sollte bis etwa 2011 aus dem Markt verschwinden. Weil einige der marktmächtigen Konzerne gegen den Willen der Kundinnen an der Atomenergie festhalten wollen und seit kurzem in Deutschland eine nicht mehrheitsfähige Regierung (das eigenartige Wahlgesetz führte dazu, dass sich eine Regierungskoalition bilden konnte, die nicht einmal eine Mehrheit der Wählenden hinter sich hat) das Sagen hat, wurde dieser Kompromiss in Frage gestellt. Seit einiger Zeit liefert das Theater der deutschen Bundesregierung zusammen mit den MitspielerInnen vor und hinter den Kulissen hochgradige Realsatire – es geht schon lange nicht mehr um Energiepolitik, sondern nur noch um Machtspielchen und viel Geld. Denn: selbst die aktuelle Regierungskoalition in Deutschland weiss eigentlich, dass es die Atomenergie wirklich nicht mehr braucht – aber dass es noch ein Paar gefühlte Parteifreundchen hat, die gerne noch etwas Geld abkassieren würden, egal von wem.

Die absurde Drohung der Atomenergielobbyisten, bei Einführung einer Brennelementesteuer sofort die Atomkraftwerke zu stoppen, ist möglicherweise nur der temporäre Höhepunkt dieser Realsatire, aber illustriert treffend, wie unnötig die Atomenergie ist. Dies zeigen auch die Reaktionen der Grünen und von Greenpeace: die Grünen zeigen zu Recht die rote Karte wegen „Erpressung“, Greenpeace illustriert, dass auch bei einem sofortigen Stopp der Atomkraftwerke schlicht kein Stromengpass auftreten würde, dass also diese Drohung der deutschen Atomenergiewirtschaft eine gute Botschaft sei.

Und dies in einer Zeit, in der Schlagzeilen wie „US-Studie: Solarstrom billiger als Atomstrom“ zu lesen sind. Es ist ganz ganz einfach: da die Gesellschaft – siehe Link oben – eigentlich keinen Atomstrom will, der Atomstrom weder energie- noch klimaschutzpolitisch von Nutzen ist, zudem klar erkennbar ist, dass die Preisentwicklung bei erneuerbaren Energien ausschliesslich und wie es der Markt erwarten lässt durch das Spiel von Nachfrage und Angebot geprägt wird, gibt es wirklich gar keinen Grund, in irgend einer Form politische Verfälschungen zugunsten der Atomenergie vorzunehmen. Für die deutsche Bundesregierung gibt es objektiv und rational nur einen Weg: keine Games um den schon längst beschlossenen Atomausstieg, sondern eine klare Ausrichtung auf eine zukunftsfähige und nachhaltige Energieversorgung: viel mehr Energieeffizienz, ausschliesslich erneuerbare Energien! Dass dies möglich ist, zeigen immer mehr wissenschaftliche und umsetzungsorientierte Studien. Falls die Deutsche Bundesregierung zu anderen Schlüssen kommt, stellt sich tatsächlich die Frage, wie käuflich die Exekutive eines Staates sein darf – nach den kriminellen Ankäufen von kriminell beschafften Bankdaten würde auch ein derartiges Verhalten nicht mehr überraschen.

Was für Deutschland gilt, gilt erst recht für die Schweiz: es gibt keine nachvollziehbare Begründung für neue Atomkraftwerke. Effizienz und Erneuerbare heisst auch für die Schweiz das Rezept – es braucht die Atomenergie nicht, es braucht die bestehenden Atomkraftwerke raschmöglichst nicht mehr, es braucht erst recht keine neuen Atomkraftwerke!

Auch wenn ich nach wie vor der Ansicht bin, dass der Wechsel von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in das UVEK die sicherste Methode ist, um die Atomenergie in der Schweiz raschmöglichst zu stoppen, ist es schon erschreckend, wie sich insbesondere die economiesuisse für diesen Wechsel ins Zeug legt. Ist man bei der Wirtschaft zum Schluss gekommen, dass angesichts der nicht vorhandenen Argumente für neue Atomkraftwerke, angesichts der vielen guten Argumente gegen Atomkraftwerke andere, nicht-demokratische Methoden zur Anwendung kommen müssen, und dass dafür eine CVP-Bundesrätin geeigneter ist als einE PolitikerIn von der SP? Allerdings: der Entscheid über neue Atomkraftwerke wird mit Sicherheit an der Urne fallen – und die StromkundInnen wollen diesen unnötigen Atomstrom definitiv nicht mehr!

Energiepolitik anstelle Realsatire heisst: die Atomlobbyisten nehmen endlich zur Kenntnis, dass ihre Zeit abgelaufen ist; die ewiggestrigen Stromproduzenten axpo/NOK, BKW, ATEL, … ziehen die Gesuche für neue AKW zurück und investieren endlich gemäss dem Wunsch ihrer Kundschaft in erneuerbare Energien und unterstützen gleichzeitig die StromkundInnen dabei, den Strom effizient zu nutzen.