Wer gegen Atomkraftwerke ist, muss den Computer …

die $VP- und Atomlobby-Stammtischler in den elektronischen Foren schreiben „… sofort abstellen“ – ich schreibe zu Beginn der Einfachheit halber „… nicht sofort abstellen“. Der Blocheranismus oder die Unkultur der Zechprellerei äussert sich auch in der Energiepolitik – es geht nicht mehr um die Sache, es geht darum, die eigene Beliebigkeit zur Maxime zu machen.

Mein nach Energieeffizienzkriterien ausgewählter Computer läuft mit Solarstrom, geliefert und verrechnet als ewz.solartop, produziert in einer Anlage der ewz-Solarstrombörse. Nun ist dies eine virtuelle Sache, letztlich kommt der Strom aus der Steckdose. Das ewz hat auf der Produktionsseite auch in Atomkraftwerke investiert, obwohl die StromkonsumentInnen in der Stadt Zürich diesen Strom nur noch als Randerscheinung betrachten. Der ökonomische Handlungsspielraum des ewz zu Investitionen etwa in Windenergieanlagen in Deutschland und Norwegen stammt zum Teil aus diesem Atomstrom-Verkauf. Mitbeteiligt an diesem Effekt sind auch die tendenziell älteren bereits erheblich abgeschriebenen ewz-Wasserkraftwerke zum Beispiel in Mittelbünden und im Bergell. Oder anders: die aktuell lebende Generation profitiert von der Investitionspolitik unserer Vorfahren. Das beispielhafte Wirken unserer Vorfahren ist eine Verpflichtung: auch unsere Generation hat dafür zu sorgen, dass nachkommende Generationen von den geschaffenen Werten der aktuellen Generation profitieren kann – klassische nachhaltige Energiewirtschaftspolitik. Allerdings ist festzuhalten, dass die insbesondere von FDP und $VP gepushte Strommarktliberalisierung diese Intergenerationengerechtigkeit nicht berücksichtigt, weil in Umsetzung des Mottos „Geiz ist geil“ nur auf den kurzfristigen Profit geschaut wird. Die Strommarktliberalisierung ist NICHT nachhaltig! Die aktuelle Generation lebt vom Kapital zukünftiger Generationen und anderer Weltgegenden, statt nur die Zinsen zu beanspruchen!

Die Zechprellerargumente lauten immer ähnlich: ich will „Geiz ist geil“, alles andere sollen „die anderen“ machen. Wenn Herr A, vorschlägt, Tipp X umzusetzen, wird der $VPler an der Stammtisch-Tastatur sowohl Relevanz, Machbarkeit als auch Finanzierbarkeit dieses Tipps bezweifeln. Und falls überhaupt etwas wie ein konstruktiver Ansatz sichtbar wird, wird ein absurder Tipp X1 vorgeschlagen (z.B. eben „Computer abschalten“).

Klipp und klar festzuhalten: unabhängig von den Entscheiden zur Atomenergiepolitik geht es nicht darum, keinen Strom zu brauchen, sondern den eingesetzten Strom möglichst effizient zu nutzen. Es ist klar davon auszugehen, dass der Anteil des Stroms an der Energieversorgung steigt. Der absolute Verbrauch nimmt deutlich weniger stark zu bei einer Effizienz-Suffizienz-Ökologisierungs-Politik wie etwa der 2000-Watt-Gesellschaft, die nur eine geringfügige Steigerung des Stromverbrauchs erwarten lässt (bei einer Strategie wie der Ein-Tonnen-CO2-Gesellschaft sieht dies deutlich anders aus).

Es kann also nicht darum gehen, auf politischer Ebene Vorgaben zu machen was genau mit dem Strom anzustellen ist. Entscheidend ist die Vorgabe maximal 2000 Watt mittlere Primärenergie-Dauerleistung pro Person bei maximal einer Tonne Treibhausgas Emissionen pro Person und Jahr – je schneller desto besser. Die Erfahrungen der Geschichte zeigen, dass ambitiöse Ziele die erforderlichen Energien freisetzen, um die nötigen Beiträge zur Zielerreichung auszulösen!

Der Computer kann, richtig eingesetzt, einen wichtigen Beitrag leisten zur Erreichung dieser ambitiösen Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft. Als ein kleines Beispiel: das papierreduzierte Büro (früher sprach man vom papierlosen Büro – „Sans Papiers“ ist allerdings alles andere als erstrebenswert) führt in Kombination mit energie-effizienten Computern zu einem beachtlichen Beitrag auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft. Allerdings werden sich die Menschen daran gewöhnen müssen, Dokumente vermehrt am Computer zu lesen und zu bearbeiten. Zu beachten dabei: energie-effiziente Computer gelten heute noch als vorbildlich – dies muss so rasch als möglich zum Normalfall werden.

Oder die Lehre daraus für die Stammtisch-Blogger: Tipps aus der vorgestrigen Sichtweise eignen sich nicht auf dem Weg in die Zukunft.

Auch wenn ich mich wiederhole: ob eine nicht-fossile und nicht-nukleare Zukunft gelingt, ist nicht eine technologische Frage. Es geht dabei ausschliesslich um mentale Fragen: es gibt ausreichend Studien, die die technologische Machbarkeit belegen. Entscheidend ist, dass die Menschen, dass die Gesellschaft diese Ziele erreichen WILL. Als Kurzbotschaft:

Atomkraft? Nein Danke! – Erneuerbare Energien? Ja Gerne!

(Der Vollständigkeit halber: die Begrenztheit des Planenten Erde erfordert auch eine Beschränkung des Verbrauchs an erneuerbaren Energien pro Person – Suffizienz und Effizienz sind selbstverständlich Bestandteile dieser Botschaft).