Wenn (Elektro-)Autos bloss Verkehrsmittel wären

Energiepolitik und Verkehr? Klimaschutz und Verkehr? Fehlanzeige! Dies hat einerseits damit zu tun, dass Autos von jeglicher rationalen Betrachtungsweise ausgenommen sind – Autos sind die «heiligen Kühe» unserer Gesellschaft. Andererseits wird das «Recht auf Mobilität» nach wie vor mit dem «Recht auf Verkehr» gleichgesetzt. Dabei ist der Verkehr eine massive gesellschaftliche Last, eindeutig nicht nachhaltig.

Kürzlich im Zug: Ein Vater ist mit zwei Teenager-Söhnen unterwegs. Der jüngere erklärt: «Elektro-Autos sind Scheisse, die tönen nicht gut. Wenn ich mal ein Auto will, muss es ein Ferrari, ein Maserati oder ein Renn-BMW sein.» Alle im Abteil nicken zustimmend. Und fährt ein solcher Wagen mit viel Motorenlärm davon, tönt es häufig mehrstimmig: «Geil!»

Auch in politischen Vorstössen, in Leserbriefen oder selbst in wissenschaftlichen Publikationen wird offensichtlich: Es geht um das Auto an und für sich, nicht um das Auto als mehr oder weniger taugliches Verkehrsmittel.

Elon Musk hat mit Tesla eine sanfte Diskussion über den Auto-Antrieb lancieren können – allerdings bloss darum, weil er wesentliche Elemente des Auto-Fetischismus übernommen hat: grosse, schwere, breite Fahrzeuge, eindeutig Luxussegment. Nach wie vor gibt es keine echte Diskussion über Umweltschutz, Klimaschutz und dergleichen.

Autos sind zuerst grosse und schwere Stehzeuge: Selbst wer viel mit dem Auto unterwegs ist, benutzt ein Auto höchstens 2 Stunden pro Tag, weniger als 10 Prozent der Zeit also. Die übrige Zeit steht das Auto irgendwo herum, und braucht nichtsnutzig ziemlich viel Platz.

Spätestens das Herbeisehnen des selbstfahrenden Autos zeigt auf: Autos sind «dumme» Verkehrsmittel. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Menschen ihre Zeit dafür hergeben, die eigentlich banale und gleichzeitig hoch riskante Lenkfunktion zu übernehmen. Selbst Beifahrende im Auto haben darauf Rücksicht zu nehmen. Ein hoher Preis für Verkehr – nicht Schönzuschwatzen mit dem Hinweis auf das Recht auf Mobilität.

Seit der Erdölpreiskrise 1973 wird immer wieder über die beste Antriebsform für Autos debattiert – eigentlich geht es dabei um die am wenigsten schlechte Form. Denn: Wie bei allen menschlichen Aktivitäten gibt es nichts, was ohne ökologische Folgen wäre (siehe dazu Alain Veuve, Umweltschutz, die moralische Sättigungsbeilage des Elektroautos). Diese Diskussion verläuft seit mehr als 40 Jahren in Sackgassen-Endlos-Kreis: Mal hat der Elektroantrieb argumentativ Vorteile, dann «schlägt» die Verbrennungsmotor-Lobby zurück, oder die Brennstoffzellen-Fans fassen neuen Mut.

In Deutschland etwa wird der Einsatz von fossilen Energieträgern im Verkehr derzeit mit 28.5 Milliarden Euro pro Jahr direkt oder indiorekt subventioniert, ein Betrag, der vor dem G19/G20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli 2017 Interview in der Miteldeutschen Zeitung den Begriff der kollektiven Bequemlichkeitsverblödung für den gegenwärtigen Umgang mit Zeitfragen, etwa der Flüchtlingsthematik oder dem Klimawandel. Das Auto als in erster Linie «emotionales» in der Regel Steh- und selten Fahrzeug ist davon nicht ausgenommen.

Einige Asepkte dazu:

  1. Elektro-Strassenfahrzeuge sind trotz der langen Geschichte eine relativ neue Technologie. Offensichtlich ist, dass wenn schon Elektrofahrzeuge mit Strom aus erneuerbaren Quellen zu betrieben sind – eine heute übliche energiepolitische Haltung. Ebenso sind die Komponenten für diese Fahrzeuge nachhaltig herzustellen. Dabei sind Cradle-to-Cradle-Ansätze zu berücksichtigen. Werden verschiedene Antriebstechniken verglichen, sind diese Grundsätze einheitlich anzuwenden.
  2. Für den Verbleib bei den «fossilen» Verbrennungsmotoren wird auch mit dem Argument plädiert, es brauche für die Herstellung von Verbrennungsmotor-Fahrzeugen mehr Arbeitsplätze, weil die Technologie komnplexer sei. Mit Arbeitsplatz-Argumenten technologisch bessere Lösungen zu verhindern, war noch nie ein nachhaltiger Ansatz.