Was heisst „nachhaltige Entwicklung“? Nachbetrachtung zum Neuen Jahr.

Die Schweiz hält sich in praktisch allen Rankings zuoberst. – Europa wankt, der Schweiz geht es blendend. Diese Ausnahmestellung verstärkt bei den Schweizern die Furcht vor dem Verlust des Wohlstandsvorsprungs. Zwei Zitate aus einem Tamedia-Beitrag mit dem Titel Die Schweiz wird zur Insel der Angst. Der digitale 400-Zeichen-Stammtisch bestätigt diese Angst, will sie sogar als Tatsache sehen. In Anpassung eines Zitats vom (bald „alt“) Zürcher Stadtrat Martin Vollenwyder: Der Schweiz geht es auf hohem Niveau schlecht – oder einfacher auch jammern will gekonnt sein.

Die Schweiz steht nicht nur in „guten“ Ratings ziemlich zuoberst: sie ist weit davon entfernt, nachhaltig unterwegs zu sein! Jørgen Randers lässt in seinem Buch „2052 – Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre“ den australischen, in Europa lebenden Diplomaten Paul Hohen zu Wort kommen, mit einem virtuellen Rückblick vom Jahr 2052 aus. Er schreibt: „Leiden des Übergangs: In allen entwickelten Ländern brachte die Verschiebung von durch fossile Rohstoffe angetriebenem Wachstum hin zu nachhaltiger Entwicklung heftiges soziales und ökonomisches Leid mit sich.

Im Gespräch mit vielen Menschen nehme ich wahr, dass ein hoher Anteil von Menschen – aus verschiedenen Kreisen – für sich alleine weiss, dass unsere Gesellschaft auf viel zu grossem Fuss lebt, wir uns den aktuellen Lebensstil gar nicht leisten können (und auch nicht sollten). Nur eben: auf der „Insel“ der hohen Rankings lebt es sich gut, sehr gut sogar – die Zuzüge aus dem Ausland sprechen da eine deutliche Sprache. Von sich aus und erst noch alleine mag kaum jemand sich auf den Weg machen in Richtung Nachhaltigkeit. Es handelt sich dabei um einen komplexen Vorgang – der Sozialethiker Otto Schäfer schreibt vom Abschiednehmen von der Verschwendung!

Ängste sind bedeutungsvoll, sie sind aber schlechte RatgeberInnen. Das Abschiednehmen von der Verschwendung lässt sich allenfalls herauszögern. Je schneller die Schweiz von den fossilen und nuklearen Energieträgern loskommt, desto einfacher ist es, diesen Übergang aus der aktuellen (relativen) Stärke heraus – siehe Rankings – gesellschaftsverträglich gestalten zu können. Es braucht dazu auch eine Energiepolitik von unten – und so rasch als möglich ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle!

Zu diesem energiepolitischen Übergang passen zwei andere Themen aus der Zeit des Jahresübergangs – einerseits die Artikel über Eingriffe in die Studienwahl, andererseits die Frage, ob es mit dem Wachstum vorbei sei.


Ein Studium – wie hoffentlich auch andere Berufsausbildungen – sollen die Auszubildenden befähigen, relevante Beiträge zur Lösung aktueller Fragestellungen leisten zu können. Dazu gehört immer ein Grundstock an Fach- und Sachwissen. Zentraler sind aber Kenntnisse über methodische Arbeitsweisen und die Möglichkeiten des Wissensmanagement, zusammen mit Befähigungen im Selbstmanagement. „Lebenlanges Lernen“ ist angesagt, Inter- und Transdisziplinarität ist erforderlich. Oder anders: Menschen, die ein Erwerbsleben lang ausschliesslich von den Inhalten des Grundstudiums leben können, gibt es nicht – dauernde Aus- und Weiterbildung ist zwingend.

Sowohl die Energiewende wie übergeordnet das Abschiednehmen von der Verschwendung erfordern Kenntnisse aus einer Vielzahl von Fachbereichen – und es braucht nicht nur naturwissenscahftliche/technische Kenntnisse, sondern zum Beispiel solche in Umweltpsychologie und -soziologie, Marketing, Recht, Kommunikation …

Auch wenn Aussagen über die zukünftige technologische Entwicklung eine ziemlich wacklige Angelegenheit sind, fällt es auch, wenn verschiedene Denker (leider dieses Mal keine Innen) zu ähnlichen Schlüssen kommen und davon ausgehen, dass sich die Nutzen der ersten und zweiten „Industriellen Revolution“ nicht beliebig wiederholen lassen, was auch von begrenztem Nutzen wäre, weil das zweite und dritte Smartphone usw wenig Sinn machen.


Einmal mehr eine ganze Reihe von Aspekten, die zum Schluss führen, dringlich den Weg in Richtung harter Nachhaltigkeit anzugehen!