Viel Geschrei – wenig Ertrag

Nach viel Geschrei der Politik im In- und Ausland wird immer klarer: um das Bankgeheimnis und die unversteuerten Vermögen in der Schweiz wurde sehr viel mehr Lärm gemacht, als es dem möglichen Ertrag entspricht. Das habe ich schon mehrmals festgehalten auf umweltnetz.ch.

Politisch gewährte Freiheiten erfordern, wenn sie gesellschaftlich verträglich sein sollen, eine starke Regulation. Dies ist im Strombereich so, das ist im Strassenverkehr so, das ist auch beim Kapital- und Zahlungsverkehr so! Der Preis für die Freiheiten im Kapital- und Zahlungsverkehr ist das Risiko, dass Einwohnende eines Staates ihre Gelder in einem anderen Land parkieren – und so die Kapitalerträge dem einheimischen Fiskus vorenthalten. Entsprechende Schutzmechanismen wurden bei der Formulierungen der Freiheiten im Kapital- und Zahlungsverkehr schlicht vergessen. Insbesondere in Zeiten von Finanzmarktkrisen mit wachsenden staatlichen Defiziten wurden plötzlich einige Stimmen sehr laut, die diese „versteckten“ Gelder als Lösung aller staatlichen Finanzprobleme erachteten. Letztlich geht es darum, dass einige Staaten nicht mehr in der Lage sind, eine umfassende Sicherstellung der Steuergerechtigkeit – jede und jeder trägt entsprechend den eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten mit an den finanziellen Lasten der Allgemeinheit – zu gewährleisten. Sie sind also darauf angewiesen, dass andere Staaten einen Beitrag leisten an die Steuergerechtigkeit in einem anderen Land!

Es ist längst bekannt, dass der überwiegende Teil der Menschen durchschnittlich korrekt ist und nicht versucht, den Staat respektive die Allgemeinheit zu betrügen. Wie in allen Lebensbereiche – zum Vergleich der Öffentliche Verkehr mit der sogenannten Schwarzfahrerquote – gibt es einen minimalen Anteil von Menschen, die sich Leistungen erschleichen, etwa 2 Prozent beträgt eine solche Quote etwa (dieser erstaunlich tiefe Anteil hat neben einem guten Mass an Altruismus mit einer angeborenen Grundtugend zu tun: Menschen sind sich bewusst, dass die Strafen bei erkanntem Fehlverhalten schmerzhaft sind, und das will man lieber vermeiden). Es gibt keinen vernünftigen Grund, davon auszugehen, dass diese Quote bei den Steuern deutlich höher liegen könnte – denn Menschen wollen auch mit sich selber anständig sein und befolgen die goldene Regel der Ethik instinktiv! Selbst dann, wenn Finanzminister sehr laut schreien über diese schlimmen SteuerhinterzieherInnen: der mögliche Steuermehrertrag wird in der Regel in der Grössenordnung dieser zwei Prozent liegen!

Im Zusammenhang mit dem auch Tage nach der Ersatzwahl nicht bekannten definitiven Rücktrittsdatum von schon bald Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz wird davon ausgegangen, dass Herr Merz noch den Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland im Amt mitgestalten möchte. Dabei werden wieder einmal Zahlen genannt, die aufzeigen, dass schreiende Finanzminister, selbst wenn sie sich als Helden sehen, schlicht und einfach unfähig sind! Neben einer Einmalabgeltung für vergangene Jahre – es ist im übrigen rechtsstaatlich bedenklich, im Nachhinein solche Korrekturen vorzunehmen – wird davon ausgegangen, dass zukünftig 200 bis 300 Mio Franken (etwa 150 bis 225 Mio Euro) zusätzlich an jährlichen Steuereinnahmen in Deutschland wegen der Besteuerung der deutschen Vermögenserträge in der Schweiz entstehen. Im Jahre 2009 betrugen die Steuereinnahmen von Bund und Ländern 484 880 Mio. Euro; diese zusätzlichen Erträge aufgrund deutscher Vermögen in der Schweiz betragen 0.046 Prozent – damit ergibt sich nicht einmal eine gefühlte Verminderung der Defizite von Bund und Ländern! Es ist davon auszugehen, dass das zunehmende Misstrauen in den Staat etwa wegen des Verhalten des deutschen Staates als Hehler gestohlener Daten diesen Beitrag zur Steuergerechtigkeit überkompensieren wird!

Angesichts dieser nicht vorhandenen Relevanz deutscher Vermögenswerte in der Schweiz für den deutschen Finanzhaushalt ist für mich klar, dass ich gerade im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit wegen des kriminellen Verhaltens des deutschen Staates im Umgang mit gestohlenen vertraulichen Unternehmensdaten mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Volksabstimmung zum Doppelbesteuerungsabkommen ein Nein in die Urne legen werde (und da es ja bekanntlich unheilige Allianzen nicht gibt – es gibt schliesslich auch keine „heiligen Allianzen“ – spielt es mir einmal mehr keine Rolle, ob mein Stimmverhalten zur gleichen Parole wie bei der SVP führt)! Aus dieser Sicht hat es überhaupt keine Bedeutung, ob dieses Abkommen noch in der Area von Bundesrat Merz oder erst unter Federführung seiner Nachfolgerin/seines Nachfolgers abgeschlossen wird.

P.S. Mein Nein lässt sich selbst dann nicht in ein Ja umwandeln, wenn die gefundene Regelung zwischen Deutschland und der Schweiz sachlich zweckmässig ist.