Velo – 45 – eBike

Seit rund 45 Jahren bin ich intensiv mit dem Velo unterwegs, seit einiger Zeit auch mit einem eBike mit gelber Nummer, also auch solarelektromotorisch angetrieben mit maximal 45 km/h. Ich habe somit einiges an Velo-Erfahrungen auf den Strassen, und mir fällt dabei einiges auf.

Vorerst: Velofahren ist gefährlich, sehr gefährlich sogar – und dies, obwohl das Velo aus meiner Sicht auch 201 Jahre nach seiner Erfindung das cleverste Verkehrsmittel ist. Nicht das Tempo macht das Velo gefährlich, sondern die Umstände. Velofahrende sind objektiv betrachtet die schwächsten TeilnehmerInnen im Verkehrsgeschehen. Sie sind zudem die am wenigsten geachteten Verkehrsteilnehmenden – weil Clevere nicht nur im Verkehr unbeliebt sind. Ich habe mir eine sehr defensive Fahrweise angewöhnt – unabhängig von der Geschwindigkeit soll und darf es nicht sein, dass meine Sicherheit davon abhängig ist, dass andere Verkehrsteilnehmende keine Fehler machen. Ganz einfach: je höher die Geschwindigkeit, desto defensiver ist zu fahren, und desto intensiver ist das Verkehrgeschehen zu beobachten und es ist vorausschauend zu reagieren. Ich halte klar fest: für das Velofahren in der Stadt, insbesondere für das eBike-Fahren, braucht es viel, sogar sehr viel Erfahrung, verbunden mit einer ausgeprägt defensiven Fahrweise. Dazu eignen sich auch Velos mit gelbem Nummernschild bestens!

Ich bin derzeit häufiger mit dem eBike als mit dem Normalvelo unterwegs, ich bin regelmässig auch zu Fuss unterwegs. Und hin und wieder auch in der Stadt mit dem öffentlichen Verkehr. Mischzonen für zu Fuss Gehende und Velofahrende einerseits und die fehlende Gasse rechts auf Strassen mit Autoverkehr sind – neben einer nicht wirklich vorhanden Velobevorzugung – die grössten Ärgernisse im Alltagsverkehr für Velofahrende, egal ob mit dem Velo oder mit dem eBike unterwegs. Ganz einfach, und dies wird von Fachleuten bestätigt, es ist schlicht nicht möglich, weder mit dem Velo noch mit dem eBike rechtskonform in einer Stadt wie Zürich unterwegs zu sein, und dies unabhängig vom Tempo. Dass darüber hinaus viele Velofahrende nicht regelkonform unterwegs sind (insbesondere Missachtung von Lichtsignalen, Fahren auf dem Trottoir ohne entsprechende Signalisierung) ist eine direkte Folge der offensichtlichen Mängel der Verkehrssituation für Velofahrende. Schon fast amüsant sind jene Velofahrende, die bei Regenfällen mit aufgespanntem Schirm (meist in der linken Hand) unterwegs sind, oder mit den Einkaufstaschen am Lenker.

Was braucht echte Veloförderung? Dabei gehe ich davon aus, dass es nicht zuletzt aus Gründen des Klimaschutzes zweckmässig ist, den Anteil Velofahrenden sowohl an Wegteilen als auch an Wegstrecken deutlich zu erhöhen. eBikes gehören mit dazu.

Mischzonen für zu Fuss Gehende und VelofahrerInnen sind auf ein absolutes Minimum zu beschränken – dabei ist die Mindestregel 5F (für «Fünf FussgängerInnen und Fahrradfahrende) einzuhalten: Eine Mischzone funktioniert dann gut, wenn es gleichzeitig Platz nebeneinander hat für drei Personen, die zu Fuss unterwegs sind, und zwei velofahrende Personen. In Mischzonen sollte zudem ein absolutes Mobile-Phone-Verbot gelten. Trottoirs im Nahbereich von ÖV-Haltestellen eignen sich NICHT für Mischzonen.

Auf jeder Strasse ist in jeder Fahrtrichtung ein ausreichend breiter Velostreifen vorzusehen, und dies weder zu Lasten von Vorgärten noch zu Lasten der Trottoirs. Diese «Gasse rechts» ist strikt zu respektieren – dies gilt insbesondere auch für Kurier- und andere Lieferfahrzeuge.

In den Städten ist die Geschwindigkeit auch für den Autoverkehr generell auf 25 km/h, ausnahmsweise 30 km/h, zu beschränken. Hintergrund dazu: Ich habe festgestellt, dass ich mit meinem eBike sowohl 25 km/h als auch 30 km/h sehr gut einhalten kann. Dies hat zur Folge, dass sich Autofahrende an die eigentlich vorgegebene Geschwindigkeit halten. Und dies noch: unterdessen habe ich mir für mein normales Velo auch einen Tachometer gekauft. Und oh Wunder: 25 km/h schaffe ich immer, wenn es nicht zu stark bergauf geht, für 30 km/h muss ich mich etwas mehr anstrengen! Da stellt sich schon fast die Frage, ob es allenfalls für Velofahrende Mindestgeschwindigkeiten braucht. Die auch schon festgestellten 8 km/h in flachen Wegstrecken sind kaum die Zukunft des Velofahrens.

Ist dies ein Gehetze? Müsste nicht das echte Schritttempo – 4.5 km/h möglicherweise – zum allgemeinen Bewegungstempo werden? Mag sein – allerdings erst, wenn es für all die Alltags- und Berufszwecke ausreichend ist, allerhöchstens 7’000 Schritte pro Tag zurückzulegen.

Berg-/Hügelab schaffe ich es mit dem eBike (ohne wirkenden Elektroantrieb) und mit dem Normalvelo, Geschwindigkeiten von über 45 km/h zu erreichen. Mit dem eBike erreiche ich 45 km/h sehr selten auf langen geraden Strecken mit wenig Gefälle, meist ausserhalb der Quartierzentren auf typischen innerstädtischen Verkehrsachsen. Ausser bergauf ist in der Stadt die Durchschnittsgeschwindigkeit mit dem eBike etwa gleich hoch wie mit dem Normalvelo – mit dem eBike schwitze ich allerdings deutlich weniger! Allein dies rechtfertigt ein eBike.

Wer für eBikes eine maximale elektromotorisch angetriebene Geschwindigkeit von 25 km/h fordert, gibt damit zum Ausdruck, dass die Verkehrspolitik gescheitert ist, was sowohl für die Volksgesundheit als auch den Klimaschutz eine Hiobsbotschaft darstellen würde. eBikes mit 45 km/h motorisch angetriebener Maximalgeschwindigkeit sind clevere Verkehrsmittel. Schon immer haben schnelle Velos die Mängel der Veloförderung aufgezeigt – mehr (und schnellere) Velos heisst ganz offensichtlich weniger Autos, selbst wenn diese ebenfalls elektromotorisch angetrieben sind. Es wird sich nun zeigen, ob Autos weiterhin «heilige Kühe» sind oder ob auch die Politik clevere Verkehrsmittel bevorzugt!