Stehende Welle in der Limmat – einige Zahlen

200 Menschen haben am 18. August 2007 für die stehende Welle in der Limmat beim Kraftwerk Letten demonstriert. Auch 2009 waren es laut 20 Minuten rund 150 Personen.

„Nur“ 1.4 Prozent der Stromproduktion des Wasserkraftwerks Letten sollen durch die stehende Welle nicht mehr zur Verfügung stehen. Wie ist das einzuschätzen?

  • 22 Gigawattstunden produziert das Kraftwerk Letten im Verlauf eines Jahres. 1.4 Prozent Minderproduktion machen 0.31 Gigawattstunden Strom aus erneuerbarer Wasserkraft aus.
  • Ein Mensch in Zürich braucht jährlich etwa 1000 Kilowattstunden Strom im Haushalt und etwa 4000 Kilowattstunden Strom für Arbeitsplatz und Dienstleistungen, also etwa 5000 Kilowattstunden Strom jährlich.
  • Die 200 DemonstrantInnen am 18.8.07 für die stehende Welle brauchen also jährlich 200 * 5000 kWh = 1 Million Kilowattstunden – das ist gerade 1 Gigawattstunde – das Kraftwerk Letten produziert erneuerbaren Strom für rund 4’400 Personen.
  • 200 Menschen könnten den Strom rationeller nutzen, um die Minderproduktion durch das Kraftwerk Letten zu kompensieren – allerdings müssten sie zusammen mehr als die 0.31 Gigawattstunden einsparen, weil durch die voraussehbare Entwicklung, zum Beispiel bessere Haushaltgeräte, bereits eine erhebliche Effizienzsteigerung stattfindet. Es wäre ein interessantes Experiment, wie viel Strom 200 Menschen im eigenen Haushalt, an ihren Arbeitsplätzen, an ihren Einkaufsorten, bei der Konsumation von Dienstleistungen einsparen können. Und es liesse sich bestens zeigen, dass zwar 0.31 Gigawattstunden in der Stromproduktion des ewz nicht besonders bedeutungsvoll sind, dass aber dieses gesteigerte Effizienzziel für die potentiellen Surfwellen-BenutzerInnen eine extreme Herausforderung darstellt – wieder einmal mehr ergibt sich ein kräftiger Unterschied zwischen relativer und absoluter Betrachtung. Die 0.31 GWh entsprechen einer zusätzlichen Einsparung von 1’500 kWh pro Person – also nicht ganz 1/3 des durchschnittlichen Stromverbrauchs einer Person. Und wie gesagt: zusätzliche Einsparungen!

Diese Minderproduktion liesse sich mit anderen erneuerbaren Quellen abdecken. Eigentlich kommt dazu nur die Sonnenenergie in Frage.

  • Die Solarstrombörse des ewz hat 30’000 Quadratmeter Solarzellen unter Vertrag, die 3 Gigawattstunden produzieren. – Zur Kompensation der Minderproduktion durch die stehende Welle müssten also mindestens 3’000 Quadratmeter Solarzellen zusätzlich zum bereits sehr lebhaften Solarstrommarkt erstellt werden.
  • Die Solarstromanlage auf dem Dach des STADE DE SUISSE – 12’000 Quadratmeter Solarzellen, Jahresproduktion 1.2 GWh Solarstrom – erforderte Investitionen von 10 Mio Franken.
  • Zur Kompensation der Minderproduktion durch die stehende Welle sind also 2.6 Mio Franken an Investitionen in neue Solarkraftwerke erforderlich – und dies zusätzlich zu den Solaranlagen, die wegen der steigenden Nachfrage nach Solarstrom bereits erstellt werden.
  • Ob die stehende Limmatwelle aus ökologischen, sportpolitischen, lebensqualitativen („Wir leben Zürich“) oder anderen Gründen sinnvoll ist, steht hier nicht zur Diskussion. 

    Energiepolitisch ist die Sache klar: Wenn solche Ideen nicht zum Bedarf für neue Kernkraftwerke oder für neue Atomkraftwerke beitragen sollen, ist alles daran zu setzen, dass die reduzierte Stromproduktion aus dem Wasserkraftwerk entweder durch Effizienzmassnahmen oder zusätzliche Produktionsmittel – und zwar immer zusätzlich zu dem, was energiepolitisch so oder so stattfindet – kompensiert werden kann.


    Ergänzung 17.8.2008

    Der Verein Stehende Welle hat mit dem „Energiesparplan“ Save the Wave die Stromsparidee-Idee grundsätzlich aufgenommen, allerdings völlig unbrauchbar. Wer 2008 ernsthaft Stromsparlampen noch als neue Stromsparidee propagiert, hat bis jetzt in diesem Bereich ziemlich gelauert – und zudem noch einiges an Geld verschleudert, siehe dazu mehr – diese Stromsparlampen sollten eigentlich auch ohne Limmatwave schon lange im Gebrauch stehen. Eine Öko-Duschbrause ist erstens ein technischer Murks, und zweitens hat – gerade im städtischen Kontext – Wassererwärmung sehr wenig mit Strom zu tun: für die Wassererwärmung in Haushalten wird überwiegend Erdgas, Heizöl und Fernwärme eingesetzt. Mit diesen Aktiönchen könnte also der Verein Stehende Welle den Nachweis der erforderlichen Stromeinsparungen (zusätzlich zu dem, was energiepolitisch/technisch so oder so passiert) bei weitem nicht erbringen.

    Aus technischer Sicht ist diese Einsparung ohne weiteres möglich – und auch sinnvoll. Allerdings gehen diese Massnahmen deutlich über den Begriff „kleine Energiesparmassnahmen“ hinaus, es geht um eine systematische Verhinderung des Standby-Verbrauches, um die konsequente Umsetzung des Kaufes von bestverfügbaren Geräten gemäss z.B. topten-Liste, aber auch um eine gewisse Zurückhaltung gerade bei der Unterhaltungselektronik. Infos über topten hinaus bei energybox.


    Ergänzung 21.8.09

    Wieder Limmatwave-Demo – immer noch wird von einem Energiesparplan Save the Wave geschrieben – leider ist die Sache immer noch hochgradig abstrakt und bietet keinerlei Gewähr dafür, dass gegenüber den bereits dauernd laufenden Energiesparbemühungen zusätzliche Strom-Einsparungen erreicht werden. Da ja bekanntlich gerade Stromsparen auch Geldsparen ist, wäre es eigentlich sowohl energiepolitisch wie für die einzelnen Haushaltkassen Save the Wave bereits jetzt sehr wichtig. Schade, dieser Tatbeweis wäre schon lange dringlich! Und eben, immer noch geht Save the Wave nicht über Kleinstmassnahmen hinaus, die eigentlich schon seit langen Jahren umgesetzt sein müssten, die also bei weitem nicht ausreichend sind, um zusätzliche Einsparungen zu bewirken.


    Erste Fassung: 19.8.2007