Rechnen und Denken beim Geizen

Vor Jahren wurden den „Geiz ist geil“-KonsumentInnen noch die Fabrikläden – ziemlich abgelegen und nur mit dem Auto erreichbar – empfohlen. Schon damals war klar: billig sind diese Angebote nur bei oberflächlicher Betrachtung – wer beim Geizen denkt und rechnet, kauft besser weniger und dafür bewusst: ökologischer, nachhaltiger, ohne Sozial- und Ökodumping! Analoges gilt heute für den Einkaufstourismus über die Grenze.

Mit dem Konsum ist das so eine Sache. Längst ist klar, dass die KonsumentInnen zu viel kaufen – ein erheblicher Teil des übermässigen ökologischen Fussabdrucks ist auf den übermässigen Konsum zurückzuführen. Im Durchschnitt gibt eine Überflussgesellschaft zu viel Geld aus für den Konsum, seien dies Nahrungsmittel oder Konsumgüter. Auch wenn unterdessen unvernünftige Freigeister Hinweise auf das Übergewicht als unberechtigten Appell ans schlechte Gewissen deklarieren, ist klar: diese Überflussgesellschaft frisst sich Übergewicht an, und nicht nur das: weil die Geizigen offenbar auch noch gierig sind, wird ein erschreckend grosser Anteil von Lebensmitteln zu Abfall!

Wer für diesen übermässigen Konsum ins vermeintlich billigere Ausland fährt, rechnet und denkt schlicht nicht richtig. Meist funktioniert dieser Einkaufstourismus nur mit dem AUto – pro Kilometer mindestens einen Franken! Wer im Ausland einkaufen geht, muss zwingend die Unterwegszeit mit einrechnen; wer dies als „Freizeit“ deklariert, belügt sich selbst. Die vermeintliche Einsparung aufgrund der Währungsgewinne und der billigeren angeschriebenen Preise ist Fiktion – wer im Ausland kauft, zahlt bei einer Vollkostenrechnung sicher nicht weniger für den übervollen Warenkorb!

Aus Erfahrungsberichten solcher AuslandtouristInnen ist bekannt, dass vieles weggeworfen werden muss, zu viel eingekauft, Ablaufdatum vorbei, usw. Die lächerliche Ausrede: ist ja nicht so schlimm, war ja alles so billig. Oder anders: In Pisa steht der schiefe Turm, PISA weist unter anderem auf die eher unterdurchschnittlichen Rechenkünste der SchweizerInnen hin. Es ist klar festzuhalten: aus ökonomischer Sicht gibt es nur einen sinnvollen Einkaufstourismus: Einkaufen als Teil der normalen Alltagswege!

In der Schweiz gelten Coop und Migros als ökologisch führend (und aus sozialer Sicht, Stichwort Minimallohn, kaum als Sozialdumper zu bezeichnen), sie sind nicht ohne Grund als Genossenschaften organisiert. Es ist bezeichnend, dass gerade jetzt in Deutschland REWE und Aldi Süd/Nord Unterlassungserklärungen wegen als „kompostierbar“ bezeichneten Kunststoffsäcken abgegeben mussten. Zumindest bedenkenswert ist, dass etwa die Aldi-Eigentümerfamilie Albrecht zu den reichsten Menschen dieser Erde gehört – wie immer bei derartig unvorstellbaren Vermögen geht dies einher mit Zechprellerei an der Umwelt und an der Gesellschaft (es gibt keine „ehrlichen“ Vermögen in dieser Höhe). Als ein Hinweis: Aldi hat in Deutschland etwa 4300 Detailshandelsstandorte (im Mittel rund 20’000 Einwohnende pro Standort), allein die Migros hat in der Schweiz 623 Standorte, was im Mittel etwa 13’000 Einwohnende pro Standort ergibt. Die Migros kommt näher zu den KundInnen, lagert also weniger Einkaufstourismus an die KundInnen und damit an die Volkswirtschaft aus. Rein aus ökologischer Sicht bietet das dichtere Ladennetz in der Schweiz beachtliche Vorteile – und wie immer hat „mehr Ökologie“ einen Preis, der zu bezahlen ist, zum Beispiel durch leicht höhere Preise. Oder anders: wer in einer andern Volkswirtschaft einkauft, ist bereits deshalb ein Ökoschweinchen – was voraussichtlich auch mit Sozialdumping verbunden ist!

Wenn KonsumentInnenorganisationen und -zeitschriften den Kauf im Ausland empfehlen, ist dies erschreckend – zumindest bei Organisationen sollte PISA keine gravierenden Folgen haben. Oder wird demnächst auch der KonsumentInnenschutz für SchweizerInnen ins Ausland verlagert? Bei Hotlines für global verfügbare Güter – etwa Computer und Zubehör – ist der Markt Schweiz nicht wirklich gross genug für eine Inland-Lösung, deshalb sind solche Dienste ebenfalls global ausgerichtet, was dann wiederum den KonsumentInnenorganisationen Gelegenheit gibt, Lachnummern mit Hotline-Erfahrungen zu erzählen (wobei in der Regel das Problem nicht bei der Hotline, sondern den KonsumentInnen liegt). Tumber Konsumismus ist schon lange out, auch beim Geizen braucht es Rechnen und Denken.

Einmal mehr der Schluss: weniger Einkaufen ist die bessere Wahl als billig einzukaufen, aus ökologischer Sicht ist regionaler und saisonaler Einkauf die beste und langfristig günstigste (gleich nachhaltige) Wahl. Wer im Ausland einkauft, ist selber schuld – und schadet damit Mensch und Umwelt!