Postfaktisches Zeitalter – US-Präsidentschaftswahlen 2016, Umwelt-Themen Schweiz 2016

Ob nun «Wahlverlierergewinner» Trump ein Bullshitter oder ein Lügner ist, das US-POTUS-Wahlergebnis ist ein weiterer Hinweis auf die schon länger dauernde Epoche des postfaktischen Zeitalters. Oder wie es die Wikipedia-Seite zur postfaktischen Politik ausdrückt: Kernelemente der Aufklärung wie das Streben nach Wahrheit und universelle Werte hätten … ihre Bedeutung eingebüßt. Auch in der Schweiz dominiert eine postfaktische Politik, etwa die teuer erkaufte Erstarkung der SVP oder die mit postfaktischer Propaganda massiv beeinflussten Umweltthemen (Grüne Wirtschaft, Atomausstieg, Klimaschutz) im Herbst 2016.

Auffallend vorerst: Auch das amerikanische Präsidentschaftswahlsystem bevorzugt konservative, rechtsnationalistische Politiker. Bereits George W. Bush erreichte im Jahr 2000 weniger Stimmen als der demokratische Kandidat Al Gore, erhielt aber wegen des Standeswahlsystems knapp mehr «Wahlmänner»-Stimmen. Nun trifft dies auch auf die Wahlen 2016 zu, und es trifft wieder die demokratische Kandidatin, also Hillary Clinton. Somit ist und bleibt Donald Trump ein Wahlverlierergewinner – passend zu vielen Geschichten aus seinem Leben.

Der unternehmerische Cowboy Christoph Blocher steht exemplarisch für DEN Erfolgsfaktor postfaktischer Politik: Weil Blocher Milliardär ist, meinen viele aus seiner Wählerschaft, sie hätten ebenfalls Anspruch auf ein Milliardenvermögen – und dies würde ihnen von der «Classe politique» nicht zugestanden. Dabei verhindern gesellschaftspolitische postfaktische Ideologien die Einsicht, dass eine Welt mit lauter Cowboys nicht möglich ist, dass eben die Menschen in der Schweiz (und andernorts) massiv über ihre Verhältnisse leben. Drastischer könnte die Differenz zu «YES WE CAN» des gegenwärtigen US-Präsidenten Barack Obama nicht sein.

Was in der Schweiz die «Classe Politique», ist in den USA das Establishment – eine schlicht nicht fassbare Grösse. Wer als Kandidatin mit diesem Label versehen wird, kann trotz einem höheren Stimmenanteil nicht nur in den USA nicht Präsidentin werden! Es ist schon fast die Regel, dass bei der postfaktischen Politik jene auf der VerliererInnen-Seite stehen, die sich für eine faktenbasierte Politik im Sinne der Aufklärung einsetzen. Faktische Überzeugungskraft wurde längst ins Abseits gestellt, erfolgreich ist, was propagandamässig und damit mit viel Geld in die Köpfe der Abstimmenden gehämmert wurde.

Tröstlich: Physik, Chemie, Mathematik und dergleichen sind nicht verbullshitbar – mit Ausnahme von Anwendungen wie Wahl- und Abstimmungsumfragen. Irgendwann werden auch im postfaktischen Zeitalter Wahrheiten offensichtlich – hoffentlich nicht erst für die Enkel und Enkelinnen. Trotz allem postfaktischen Bullshit gilt heute der Mensch gemachte Klimawandel als Realität! Leider stehen Klimaschutz und Atomausstieg immer noch unter dem Einfluss der postfaktischen Lügen-Propaganda gegen enkeltaugliche Lösungen.

Auch darum: Für eine atom- und fossilfreie Stromversorgung: JA am 27. November 2016 zur Volksinitiative «Für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie (Atomausstiegsinitiative)»!


PS: Ein Bullshitter ist vollständig gleichgültig gegenüber der Wahrheit eingestellt. Harry Frankfurt, aus dem Buch «On Bullshit»