Nicht- und Fehldenk-ProfessorInnen

Die Climate Criminals haben es gezeigt: wer im wissenschaftlich gesicherten Main-Stream denkt und arbeitet, hat wenig Chancen, einen Platz in den Medien zu finden. Wer in die Medien kommen will, muss Nicht- und Fehldenken perfektionieren. Dies zeigen einmal mehr Professoren der ETH-Architekturabteilung mit ihren absurden Vorstellungen über Klimaschutz und dergleichen.

In einer aufgeklärten Gesellschaft darf jede und jeder ungestraft den grössten Blödsinn behaupten – die aufgeklärte Gesellschaft ist nach wie vor traumatisiert von den historischen Fehlentscheiden zum Beispiel zu Galieo Galilei. Man muss nur auf den Meinungspluralismus hinweisen, muss auf unspezifische Begriffe wie „Gestaltungsfreiheit“ hinweisen – und schon steigt die virtuelle Glaubwürdigkeit der SprecherInnen ins Unermessliche.

Nach reiflicher und langjähriger Beschäftigung mit diesem Thema halte ich klipp und klar fest: die von der ETH-Architekturabteilung postulierte „Towards Zero-Emission Architecture“ ist in dieser Form absolut falsch und ist als Sackgasse zu bezeichnen! Ich habe mich auf diversen Seiten von umweltnetz.ch bereits mehrfach mit diesem Thema beschäftigt. Ich halte hier die hauptsächlichen Fakten und Beurteilungen fest.

Der energie-, umwelt- und klimaschutzpolitische Mainstream sagt: um die ambitiösen Klimaschutz- und Ressourcenschonungsziele zu erreichen, sind – mit Priorität in dieser Reihenfolge – im Alltag Suffizienz (freiwillige Einfach/freiwilliger Verzicht), Energie-Effizienz und Ökologisierung der Energieträger umzusetzen. Die 2000-Watt-Gesellschaft ist ein solcher Ansatz.

„Towards Zero-Emission Architecture“ setzt die Prioritäten genau umgekehrt respektive benutzt Effizienz sehr eingeschränkt und Suffizienz – im Wohnungsbau etwa die freiwillige Beschränkung des Flächenanspruchs – gar nicht.

Letztlich ist dies eine Fortsetzung der bisherigen Denkfaulheit mit anderen Mitteln. Gebäude tragen in erheblichem Umfang zum übermässig grossen ökologischen Fussabdruck bei. Dies hat damit zu tun, dass die Gebäudehülle häufig zu viele Funktionen zu übernehmen hat – Tragen, Schützen vor Wasser, Lärm, Hitze, Kälte, Wind, Durchsicht und Durchgänglichkeit. aus energetischer Sicht sind insbesondere bereits in die Jahre gekommene Gebäudehüllen eigentliche Energieschleudern und verursachen einen übermässigen Energieverbrauch zur Ermöglichung eines akzeptablen Raumkomforts während den vier Jahreszeiten. Nicht nur in der Schweiz sind diese Energieschleudern verantwortlich für den Verbrauch an fossilen Brennstoffen. „Towards Zero-Emission Architecture“ will nun ganz einfach das Schleuderprinzip beibehalten und die bisher eingesetzten fossilen Brennstoffe Heizöl und Erdgas durch Wärme aus erneuerbaren Quellen abdecken, mit oder ohne Hokus-Pokus-Saison-Erdsonden- oder -Anergiespeicher.

Vorerst ist klar festzuhalten: es ist nicht möglich und nicht sinnvoll, jedes bereits bestehende Gebäude zu einem 2000-Watt-Gesellschaft-tauglichen Gebäude zu machen. Dies ist auch nicht nötig. Diverse Untersuchungen zeigen, dass es ökologisch betrachtet auf das gleiche herauskommt, ein Gebäude auch energetisch umfassend zu erneuern oder durch einen Neubau mit ökologischen Bestwerten zu ersetzen. Aus ökologischer Sicht problematisch sind aber nicht-energieeffiziente, aber baulich erneuerte Bauten, selbst wenn die Raumkonditionierung mittels erneuerbaren Energien erfolgt (typisches Beispiel „Towards Zero-Emission Architecture“) oder erst recht denkmalgeschützte Bauten, die mit Absicht auf einem uneffizienten Stand belassen werden – es scheint, dass Denk- und Ausführungsfehler sogar schützenswert sind!

Warum ist „Towards Zero-Emission Architecture“ nicht ökologisch? Einige Aspekte dazu:

  • Solche Bauten erfordern einen hohen Energieinput. Selbst die Gratis-Sonne ist nicht einfach gratis nutzbar: es braucht Sonnenkollektoren oder Fotovoltaik, um die Sonnenenergie in nutzbare Energie umzuwandeln. Diese Technologien stehen derzeit noch nicht als „cradle to cradle“-Bauteile zur Verfügung. Es werden etwa (zwar wiederverwertbare, aber nicht direkt wiederverwendbar) Materialien eingesetzt, es werden derzeit nicht rückgewinnbare „seltene Erden“-Metalle verwendet. Wie lange die vielgerühmten Erdsonden-Schwärme genutzt werden können und was mit ihnen nach der Nutzungszeit passiert, ist derzeit nicht abschliessend beurteilbar. Dies heisst: diese Technologien sind zwar etwas nachhaltiger als etwa eine Oel- oder Gasheizung, aber sie nicht im engeren Sinn nachhaltig. Dies heisst: es alles daran zu setzen, den Einsatz solcher Technologien zu minimieren.
  • es ist in der Regel nicht möglich, die erforderliche Zusatzenergie zur Nutzung der niedertemperaturigen Umweltwärme auf dem Grundstück oder gar am Gebäude bereitzustellen oder als Biomasse in unmittelbarer Nähe zu gewinnen – eine umfassende energieautarke Energieversorgung ist auf Niveau Grundstück kaum lösbar. Es braucht also „Erntefelder“ für erneuerbare Energien an anderen Orten – und „Transporte“ zwischen Umwandlungs- und Nutzungsort. Auch wenn „Logistik“ zu einer volkswirtschaftlichen Disziplin gehört, sagt der gelegentlich zu sehende Kleber „Schrötig aber nötig“ auf dem Heck von Lastwagen eigentlich alles: vieles ist technisch möglich, aber letztlich mit eher wenig nachhaltigen Eingriffen verbunden – Stichwort etwa Hochspannungsleitungen. Auch hier ist somit klar: je nachhaltiger die Lösung, desto weniger Energie von möglichst in der Nähe liegenden „Erntefeldern für erneuerbare Energien“ ist erforderlich! Also ein eindeutiges Plädoyer für mehr Energieeffizienz auch hier!
  • Um den Raumkomfort in energetisch ineffizienten Gebäuden zu gewährleisten, ist ein deutlich höherer Energieinput erforderlich. Es braucht etwa höhere Vorlauftemperaturen, um die erforderliche Energiedichte bereitstellen zu können. Als ein Beispiel: eine auf Energieeffizienz getrimmtes bestehendes Gebäude braucht etwa drei- bis vier mal weniger Energie als ein „Towards Zero-Emission Architecture“-Gebäude. Für den Betrieb einer Wärmepumpe in einem effizienten Gebäude braucht es ein Kilowattstunde Strom, um vier bis fünf Kilowattstunden Wärme bereitzustellen. In einem wenig- oder nicht-effizienten Gebäude lässt sich mit der Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom 2.5 bis 3.5 kWh Wärme bereitstellen. Je nach Verhältnissen braucht es also für die Beheizung eines „Towards Zero-Emission Architecture“-Gebäude 3.5 bis 8 mal mehr Strom zum Betrieb einer Wärmepumpe! Dass da die effizientere Lösung auch die nachhaltigere Lösung ist, ist nahvollziehbar.

Die ETH-Architekten argumentieren mit dem höheren Platzbedarf und der gewichtigeren grauen Energie bei Effizienzmassnahmen. Für Minergie brauche es eine 50 cm dicke Wand, für „Towards Zero-Emission Architecture“ reiche 30 cm. Offenbar hat die Wand nach Vorstellungen der ETH-Architekturabteilung immer noch zu viele Funktionen. 20 cm wäre offenbar die Dicken-Einsparung wegen weniger Wärmedämmung. Nun sind Wärmedämmungen sehr leichte Materialien (30 bis 80 kg pro Kubikmeter Material), im Vergleich etwa zu Backstein (1400) oder Beton (2500 kg pro Kubikmeter): Die Wärmedämmung braucht also etwa 10 bis 15 kg Material – 30 cm Beton entsprechen 750 kg. Oder anders: gemessen an der offenbar konstruktiv erforderlichen „Normalwand“ kann der Mehraufwand für die Wärmedämmung fast vernachlässigt werden! Wenn es nur teilweise gelingt, die Fortschritte in der Wärmedämmtechnik der letzten Jahre zukünftig fortzusetzen, ist klar, dass zukünftige Materialien bei noch weniger Materialaufwand noch bessere Wärmedämmeigenschaften haben werden. Der technische Fortschritt wird also das Fehldenkargument der Professoren je länger je mehr zum Nichtargument machen!

Warum funktioniert es, dass Nicht- und Fehldenk-ProfessorInnen so locker Eingang in die Medien finden?

Vorerst: diese ProfessorInnen versprechen substantielle Klimaschutzwirkung mit als klein erscheinenden Veränderungen – kleine „bescheidene“ Schritte wirken sympathisch, scheinen finanzierbar – grossen Schritte, besonders, wenn sie auch den Verzicht miteinschliessen, schrecken eher ab.

Was ProfessorInnen kraft ihres Titels erzählen, gilt automatisch als plausibilisiert – insbesondere dann, siehe oben, wenn die Argumente auch noch sympathisch wirken. Professoren, die wissen, dass sie mit ihren Positionen deutlich ausserhalb der anerkannten Lehrmeinungen operieren, handeln verantwortungslos, wenn sie ihre Titel-Glaubwürdigkeit missbrauchen, um sich damit in der Medienöffentlichkeit zu sonnen. Es ist darauf hinzuweisen, dass es eine grosse Zahl von ProfessorInnen gibt, die mit den aktuellen Aktivitäten der ETH-Architekturabteilung auch nichts anfangen können.

P.S. zum Thema Medienqualität äussert sich – allerdings auch – ein Professor.

Schlussfolgerung: Selbst wenn die ETH-Architektur-ProfessorInnen grell auftreten und „sympathische“ Theorien im Sinne der möglichst kleinen Aenderungen vertreten, führt nichts daran vorbei, dass Suffizienz, Effizienz und Ökologisierung – in dieser Reihenfolge – die Komponenten für eine erfolgsversprechende Energie-, Klimaschutz- und Ressourcenpolitik sind – immer mit Blick auf LOVOS (Lifestyle of voluntary simplicity)!

2 Gedanken zu „Nicht- und Fehldenk-ProfessorInnen“

  1. sehr geehrter Toni W. Püntener, Alias LOVOS-Lover,

    darf ich fragen, wie Sie Ihre LOVOS-Philosophie umsetzen wollen in der heutigen Gesellschaft, die soviel ich mitbekommen habe Ihre Meinung noch nicht mehrheitlich teilt?

    Zur Energie- und Emissionsfrage: Soviel ich verstanden habe, möchte die ETH v.a. die Debatte in Gang setzen. Allgemein bin ich der Meinung, dass wir erst am Anfang der Thematik sind und solche Debatten unbedingt zulassen sollten, bevor wir Minergie als sakrosankte Lösung diktieren!

    Es scheint mir, unbewusst sind Sie voll in die Debatte eingestiegen und haben mal richtig ausgeteilt. Jetzt sollten Sie aber auch Ihren LOVOS-Vorschlag genauer ausführen und uns teilhaben lassen, sonst haben Ihre sehr langen, wutentbrannten Ausführungen gegen „Nicht- und Fehldenkende“ gar keinen Sinn! Ob das schade wäre oder nicht kann man erst sagen, wenn Sie sich geäussert haben.

    mit freundlichen Grüssen

    fj

  2. Tja, es ist etwas spät, wenn die ETH jetzt in die Diskussion einsteigen möchte. Dass es einen Massnahmenmix aus Effizienz, Suffizienz und erneuerbaren Energien braucht für eine nachhaltige Energieversorgung, ist seit mindestens 150 Jahren klar (Malthus usw) – und am Gebäudethema wird seit 30 Jahren herumdiskutiert, durchaus kontrovers, unter Berücksichtigung aller Faktoren ist Minergie als Kompromiss der divergierenden Meinungen zu verstehen. Wer wie die DARCH-ProfessorInnen nur auf erneuerbare Energien setzt, hat wesentliche Grundsätze der Ökonomie und Ökologienicht verstanden. Ich schreibe gar nirgends, dass Minergie die einzig mögliche Lösung ist – ich sage bloss, dass Minergie im Gegensatz zu Zero Emissions Architecture ein plausibler Ansatz ist. Hat auch noch ein paar Problemchen im übrigen, etwa die Thematik Fläche pro Person oder die politischen Energiegewichtigungen (wegen der AKW-Freundschaft der Kantone, aber nach dem AKW-Ausfransel-Beschluss von Bundesrat und Nationalrat wird man auch diese Sache endlich auf wissenschaftliche Faktoren (z.B. gemäss 2000-Watt-Methodik) abstellen können.

    LOVOS: Das Frauenstimmrecht brauchte auch mehrere Anläufe, obwohl es gar nie einen Grund gab, Frauen von der Politik auszuschliessen. „Ceterum censeo“ – das beharrliche Wiederholen einer Forderung – gehört seit etwa 200 v. Chr. zu den wichtigen Elementen der Politik. LOVOS ich auf meinen Seiten mehrfach ausführlich dargelegt worden. Ansonsten verweise ich auf die Schriften des Wuppertal Instituts zum Thema Suffizienz.

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