Nachhaltig schädlich: budgetierte Zechprellerei

Einmal mehr als periodische Erscheinung ein vor allem bei PolitikerInnen des rechten Parteienspektrums modisches Jahresende-Phänomen: (Geld-)Sparschraube drehen. Diese eindimensionalen Budgetmanipulierer haben nur eine Optik: tiefere Ausgaben und damit einen tieferen Steuerfuss. Die Kurzbeurteilung steht bereits im Titel, hier wiederholt: Nachhaltig schädlich: budgetierte Zechprellerei!

Festzuhalten ist vorerst: die Schweiz hat einen massiv übermässigen ökologischen Fussabdruck. Als Zitat aus der Geschichte von MONET, dem Nachhaltigkeitsmonitoring des Bundes: Statt von den Zinsen zu leben, zehrt die Schweiz vom Vermögen – zulasten anderer Weltgegenden und zukünftigen Generationen. Auch die neuesten MONET-Zahlen zeigen: an diesem massiven Defizit hat sich nichts geändert in den letzten Jahren. Um es etwas direkter zu sagen: die SchweizerInnen gehören zu den ZechprellerInnen dieser Erde, sie zahlen die Kosten nicht, die ihr Lebensstil verursacht! Als ein kleines Beispiel: die Schweiz schafft es nicht einmal, im Klimaschutz die minimalistischen Vorgaben des Kyoto-Protokolls einzuhalten.

Staatliches nachhaltiges Handeln – also keine negativen Auswirkungen auf das Leben in anderen Welt-Gegenden und von zukünftigen Generationen – verlangt mehr als buchhalterisch herangewürgte „schwarze Nullen“ oder auch ein bisschen mehr. Wenn SVP, FDP, CVP, GLP und Co. in derartigen Buchhaltertrickli-Budget-Sitzungen derartigen Stuss von sich geben, haben sie schlicht nicht verstanden, was Nachhaltigkeit genau meint.

Es geht darum, die Auswirkungen unseres übermässigen Lebensstils auf andere Weltgegenden, auf zukünftige Generationen zu erfassen. Dann sind daraus die Massnahmen abzuleiten, die erforderlich sind, um den ökologischen Fussabdruck zu vermindern in den drei üblichen Handlungsfeldern der Nachhaltigkeit, also Ökonomie, Ökologie, Soziales/Gesellschaft. Daraus ergibt sich der Mittelbedarf und daraus abgeleitet der Geldbedarf, welcher durch die Öffentlichkeit aufzubringen ist. Dieser Mittelbedarf ist durch Steuern und Abgaben abzudecken. Wer – wie eben SVP, FDP, CVP und GLP, diesen Pfad nicht verfolgt, sondern einzig den Steuersatz im Auge hat, handelt verantwortungslos wenn nicht gar kriminell.

Diese eindimensionale Sichtweise hat einen Namen: BIP (Bruttoinlandprodukt). Da diese Grösse seit langen Jahren als Wohlfahrtsindikator verwendet wird, obwohl längst bekannt ist, dass das BIP sehr wenig mit Wohlstand zu tun hat, wird auch die Politik durch diese hoch defizitäre Beurteilungsgrösse massiv in die Irre geführt. Als ein neueres absurdes Beispiel: da wird durch den Absender Pharmabranche vorgerechnet, dass steigende Gesundheitsausgaben «kurz- und mittelfristig eine höhere Wertschöpfung und mehr Beschäftigung» brächten. Nun, höhere Gesundheitskosten sind ja definitiv Krankeitskosten – es stimmt, dass die Versuche, kranke Menschen gesunden zu lassen, tatsächlich zur Wertschöpfung beitragen – all die ÄrztInnen, PflegerInnen, Hotellerie- und Hilfspersonal etwa in den Spitälern können ihr Einkommen daraus erwirtschaften. Aber eine Wohlstandsmehrung? Viele weitere derartige Symptombekämpfungsansätze blähen zwar das BIP auf, leisten aber alles andere als einen Beitrag zur Wohlstandsvermehrung.

In Deutschland haben sich im Bundestag die Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Einsetzung einer Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft“ entschieden.

Die Aufgabe dieser Kommission ist die Klärung vieler zentraler gesellschaftlicher Fragen:

  1. Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft
  2. Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands- bzw. Fortschrittsindikators
  3. Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Forschritt – Möglichkeiten und Grenzen der Entkopplung
  4. Nachhaltig gestaltende Ordnungspolitik
  5. Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstile

Erwartet wird, dass die Enquete-Kommission aus den gewonnenen Erkenntnissen konkrete Handlungsempfehlungen entwickeln soll. Sie soll Wege aufzeigen, wie die Ansätze zu nachhaltigem Wirtschaften in der Sozialen Marktwirtschaft weiter umfassend und konsequent gestärkt werden können, Wege zu einem tragfähigen Wohlstand und gesellschaftlichem Fortschritt weisen und Schritte hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften definieren, das ökonomische, ökologische und soziale Zielvorstellungen verstärkt in Einklang bringt.

Ein solcher Schritt wäre in der Schweiz längst angezeigt. Auf jeden Fall: die von SVP, FDP, CVP und GLP in der Schweiz inszenierten realsatirischen Budgetmanipulationsshows vermögen den Anspruch einer umfassenden Nachhaltigkeit bei weitem nicht zu erfüllen. Darum gerade nochmals: diese Budgettrickserei ist nachhaltig schädlich und ist nichts als Zechprellerei.


Aus der Abteilung Realsatire: da haben doch SVP, FDP, CVP, GLP und Co. das Budget mit dem Auftrag zurückgewiesen, eine Aufwandreduktion in astronomischen Umfang zu realisieren. Offenbar aus mangelnden Kenntnissen, vielleicht bloss aus Desinteresse wurde gesagt, der Stadtrat wisse am besten, wo gespart werden könne. Wenn nun der Stadtrat ganz getreu dieser Aufforderung Sparvorschläge unterbreitet (z.B. Sistierung der Weiterplanung des Hardturm-Stadions), heisst es sofort von Seiten der SVP, es handle sich um eine „populistische Trötzelei“ des Stadtrates. Oder anders: die SVP hat ein extrem kurzes Gedächnis – nicht einmal eine Woche mag sie sich an das in den Stadtrat gesetzte Vertrauen erinnern. Und solchen Parteien mag ein Teil der WählerInnen das Vertrauen schenken? Nun, das ist schon der nächste Akt im Realsatire-Theater Politik – etwa die Käuflichkeit der Stimmberechtigten.