Nach-nuklear und nach-fossil: endlich zum Alltag und zum Normalfall zurückkehren

Dass die Schweiz eine Nicht-Energiepolitik betreibt, führt zu einer grotesken Subventionitis-Landschaft und -Denkweise. Wer heute ein Gebäude in sehr guter energetischer Qualität baut, wer ein Gebäude energetisch vorbildlich erneuert, wer eine Sonnenkollektoranlage oder eine Photovoltaikanlage installiert/installieren lässt, wer einen BAT-Kühlschrank kauft, ist aus energiepolitischer Sicht der Normalfall – alles andere ist ungeeignete Problemlösung und damit schlicht dumm. Das Gebäudeprogramm, die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV), Sondergesetze für Sonnenkollektoren, Fotovoltaikanlagen und Windkraftwerke zementieren die falschen Lösungsstrategien und tragen damit zur Förderung der Dummheit bei.

Ein Haus mit guter energetischer Qualität und einer Solaranlage ist erstens eine zwingende Selbstverständlichkeit – und stellt zweitens einen eindeutigen Mehrwert gegenüber einer nicht mit der nach-nuklearen und nach-fossilen verträglichen Situation dar. In der allgemeinen Sicht der Dinge ist ein Mehrwert als Vermögenszuwachs zu beurteilen, der damit auch die Versicherungssumme des Gebäudes erhöht. Wer über derartige grundlegende ökonomische Zusammenhänge jammert (zum Beispiel im Artikel „Wer zu Hause Energie sparen will, wird bestraft“ – Auto-Anzeiger vom 14.7.2011), hat sich durch die Subventionitis-Denkweise – jede (vermeintlich) gute Tat ist zu belohnen – in die Irre führen lassen.

Gebäude mit mindestens Energieetikette B, Haushalt- und andere Geräte aus der Topten-Liste, zertifizierter „Nature Made Star“-Ökostrom, Konsumgewohnheiten, die zu einem deutlich unter dem aktuellen CH-Durchschnitt liegenden ökologischen Fussabdruck führen, zum Beispiel durch eine deutlich verminderte Verkehrsnachfrage gehören zu den alltäglichen Selbstverständlichkeiten einer nach-fossilen und nach-nuklearen Gesellschaft – was selbstverständlich ist, kann und darf nicht gefördert werden!

Also: per sofort ist Das Gebäudeprogramm abzuschaffen – stattdessen ist endlich eine stark lenkende und vollständig rückerstattete CO2-Abgabe auf fossilen Brenn- und Treibstoffen einzuführen – und die – auch energetische – Sanierungspflicht bestehender Gebäude bis 2025, am besten kombiniert mit einem Obligatorium zur Nutzung der Sonnenenergie.

Ebenso ist auf die kostendeckende Einspeisevergütung so schnell als möglich zu verzichten. Stattdessen sind den Energieversorgern ständig steigende Quoten für Strom aus erneuerbaren Quellen vorzugeben – auch hier zwingend kombiniert mit der Vorgabe, dass die Energieversorger zur kontinuierlichen Verbesserung der Stromeffizienz bei ihren KundInnen zu sorgen haben. Und wie bereits mehrfach vorgeschlagen in Ergänzung der CO2-Abgabe ist eine stark lenkende und vollständig rückerstattete Energieabgabe auf allen Energieträgern einzuführen.

Subventionen sind ein ungeeignetes Mittel zur Förderung der First Mover – sobald ein Handeln alltäglich zu sein hat, sind Subventionen hochgradig kontraproduktiv und behindern die Erreichung der gesetzten Ziele. „Es gibt Subventionen“ signalisiert den AkteurInnen, dass es sich dabei um ein gutes Thema handelt, welches aber noch neu, unbekannt und aufwändig ist. Über 30 Jahre nach der Erdölpreiskrise, 25 Jahre nach Tschernobyl sind Themen wie Energieeffizienz und erneuerbare Energien schlicht Standard – wenn Fachleute es verpasst haben, sich in dieser Zeit ausreichend schlau zu machen, wie man Energieeffizienz und erneuerbare Energien wirksam und zu geringen Kosten umsetzt, sind sie schlicht nicht kompetent. Blöderweise zeigen diverse Untersuchungen aus dem In- und Ausland, dass es tatsächlich viel zu wenig fachkompetente EnergiespezialistInnen gibt – auch eine Folge der Subventionitis. Aus diversen Diskussionen abgeleitet: heute stellt sich in der Planung nicht die Frage nach der energetisch besten Lösung, sondern nach der Optimierung der Förderbeiträge – selbst wenn diese suboptimale Lösung auf Dauer zu höherem Energieverbrauch und damit höheren Kosten führt!

Es braucht endlich eine Energie- und Klimaschutz-Politik – dazu gehört die Abschaffung sämtlicher Subventionen, die Vorgabe klarer Anforderungen an Gebäude, Geräte, Anlagen und Fahrzeuge, es braucht stark lenkende Energie- und CO2-Abgaben mit vollständiger Rückerstattung an Haushalte und Wirtschaft – im Detail ausgeführt in meinem Beitrag Nach-nuklear und nach-fossil: heute beginnen.