Medienqualität und Demokratie – ein Dauerjob

Nicht erst seit der unrühmlichen Rolle der Medien in der von $VP-Mitgliedern angeführten Schlammschlacht gegen Philipp Hildebrand, den früheren Präsidenten des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank ist die Medienqualität ein Dauerthema. Zur Abwechslung kümmert sich ein lausig recherchierter Beitrag (der Sonntagszeitung) um ein $VP-Mitglied: Mauro Tuena, Präsident der $VP-Fraktion des Zürcher Gemeinderates. Es werden ihm „geheime Geschäfte“ unterstellt.

Doch: das behauptete Geheimnis ist gar keines, geschlampt hat schlicht und einfach Fredy Hämmerli, der den Sonntagszeitung-Artikel geschrieben hat. Denn: im „Profil“ (Nachtrag 14.10.14: Link gelöscht, da jeweils nur die aktuellen Interessenbindungen aufgeführt sind) von Mauro Tuena im Gemeinderats-Internet ist eindeutig „FAM“ aufgeführt – diese Abkürzung ist zwar auch im Sonntagszeitungs-Artikel aufgeführt.

„FAM“ als Abkürzung ist zwar kaum so bekannt wie TCS (Bruno Amacker), Juso (Linda Bär) oder VCS (Simone Brander, Marlène Butz), aber genauso nichtssagend wie Meworla GmbH (Michael Baumer), endurit GmbH (Bourgeois Marc), Wibichinga Verlag und ionos GmbH (Martin Bürlimann) oder AG Fellhof 76 (Marlène Butz) – aus den Interessenbindungen der Gemeinderatsmitglieder, deren Nachnamen mit A oder B beginnen.

Kritisiert wird im Artikel, dass Herr Tuena auch bei der Firma Gut Gross & Partner AG (GGP) beteiligt ist, ohne dies zu deklarieren. Das wäre in der Tat nicht korrekt. Im SHAB Nr. 149 2011 vom 04.08.2011, steht bei „FAM FinAsset Management AG“: Statutenänderung: 26.07.2011. Firma Neu: GUT GROSS & PARTNER AG. Rätsel also gelöst.

Denn: das Verzeichnis der Interessenbindungen des Gemeinderats wird nur einmal jährlich aktualisiert, und zwar zu Beginn des Amtsjahres (gemäss Art. 23ter, Abs. 2 der Gemeindeordnung der Stadt Zürich). Das Amtsjahr 2011/2012 des Gemeinderates hat – unter anderem mit der Wahl des Ratspräsidenten Joe A. Manser – am 11. Mai 2011 begonnen. Die Namensänderung der Firma FAM hat gemäss SHAB nachweislich nach diesem Datum stattgefunden!

Die Beurteilung der Geschäftstätigkeit der Firma GGP und den Fähigkeiten von Gemeinderat Mauro Tuena bei den Aktivitäten für diese Firma ist ein Thema des Marktes, allenfalls für den KonsumentInnenschutz und bei Bedarf der Justiz – und hat kaum mit der Tätigkeit von Mauro Tuena im Gemeinderat zu tun.

Die Abklärungen im Internet zu dieser Interessenbindungs-Geschichte war wesentlich kürzer als das Schreiben dieses Textes – und kann ohne Probleme auch von einem Mitarbeitenden einer Sonntagszeitung vorgenommen werden. P.S. Funktioniert auch mit ecosia, dazu braucht es G….. nicht!

Ich bin definitiv kein Fan der politischen Arbeit sowohl von Herrn Tuena als auch der $VP-Fraktion des Zürcher Gemeinderates. Ich erwarte von Medien als Mindestqualität, dass wenigstens die Fakten korrekt vermittelt werden.


vollständiges Zitat Art. 23ter der Gemeindeordnung (=Verfassung) der Stadt Zürich

Art. 23ter

  • Abs. 1 Beim Eintritt in den Gemeinderat unterrichtet jedes Mitglied das Büro schriftlich über
    • a) seine beruflichen Tätigkeiten;
    • b) die Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien kommunaler, kantonaler, schweizerischer und ausländischer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen und privaten Rechts;
    • c) dauernde Leitungs- und Beratungsfunktionen für kommunal, kantonal, national oder international tätige Interessengruppen;
    • d) die Mitwirkung in Kommissionen und anderen Organen des Bundes, des Kantons und der Gemeinden.
  • Abs. 2 Änderungen sind jeweils zu Beginn des Amtsjahres anzugeben.
  • Abs. 3 Das Berufsgeheimnis bleibt vorbehalten.
  • Abs. 4 Die Kanzlei des Gemeinderates erstellt ein Register über die Angaben der Ratsmitglieder; dieses wird publiziert.
  • Abs. 5 Das Ratsbüro wacht über die Einhaltung der Offenlegungspflichten.

Nachtrag 6.2.2012

Es ist aus dieser Sicht schlicht nicht nachvollziehbar, was Herrn Tuena falsch gemacht haben sollte. Und für was er sich entschuldigen sollte (siehe NZZ vom 6.2.2012). Festzuhalten ist: Gemeinderat/Gemeinderätin der Stadt Zürich ist ein entschädigter Nebenjob – den Lebensunterhalt können sich die AmtsinhaberInnen damit nicht verdienen, d.h. sie brauchen einen Hauptjob! Ob das Geschäftsmodell der Firma von Herrn Tuena taugt oder nichts, ob die Gebühren stimmen, darüber haben nicht die $VP-WählerInnen oder die selbsternannten kenntnislosen SchnüfflerInnen und TransparenzsucherInnen zu befinden, sondern tatsächliche und potentielle KundInnen dieser Firma.