Klimawandel 2.0

Climategate, von Hopenhagen zu Flopenhagen, Fehler und/oder Ungenauigkeiten in den Monsterberichten des Weltklimarates und Friedensnobelpreisträgers IPCC: die mehr als grotesken Diskussionen über den Klimawandel und den Mensch gemachten Anteil zeigen eines: die Menschheit ist nicht darauf vorbereitet, Fragestellungen mit globaler Dimension zu behandeln. „Think Globally, Act Locally“ – „Global denken, lokal handeln“ – ist alles andere als einfach.

Die Menschheit besteht aus lauter „randständigen“ Gruppierungen – randständig im Sinne von Gruppenanliegen, die nicht wirklich mehrheitsfähig oder -tauglich sind. Zentral dabei: es gibt eigentlich keinen globalen Konsens über nur schon grundlegendste Aspekte des Zusammenlebens – „universale“ Menschenrechte beispielsweise sind unvorstellbar. Auch gemeinsame Ziele – „Global Goals“ – sind nicht in Sicht, nicht einmal auf nationaler Ebene! Dies ist der Preis für eine pluralistische Welt – eine Welt, die Begriffe wie „gut“ oder „schlecht“ auf den Misthaufen der Geschichte werfen möchte: die Welt als Konglomerat hedonistischer Beliebigkeiten!

Die aktuellen Diskussionen über den Klimawandel beschäftigen sich eigentlich mit zwei Fragen:

  • Kann etwas, was Mensch tut, Auswirkungen auf die Erde haben?
  • Falls die erste Frage mit Ja beantwortet wird: sind diese Auswirkungen derart gravierend, dass das Tun zu unterlassen oder wenigstens zu verändern ist?

Für die erste Frage kommt der Weltklimarat IPCC in sehr aufwändigen Arbeiten zum Schluss, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der aktuelle Verbrauch an fossilen Brenn- und Treibstoffen und der Ausstoss weiterer Treibhausgase Auswirkungen auf das globale Klima hat, dass es also Mensch gemachte Klimaveränderungen gibt.

Da die Erde ein sehr komplexes System ist, ist eine geschlossene Wirkungskette nicht nachweisbar – es geht darum, global sehr viele Veränderungen zu interpretieren und daraus plausible Schlüsse abzuleiten. Da die Wirkungszusammenhänge sehr komplex sind, lässt sich beispielsweise „Klimaveränderung“ nicht darauf reduzieren, dass einfach an sämtlichen Wetterstationen der Erde die Temperatur von Jahr zu Jahr ansteigt.

Spätestens seit der Aufklärung, spätestens seit Galileo Galilei gilt nicht nur in der Wissenschaft, dass plausible Schlüsse weniger Wert sind als kritische Demontage. Nun ist es durchaus möglich, einzelne der klimatischen Veränderungen so zu interpretieren, dass diese „gefühlt“ gegen die mehrheitlich anerkannte Theorie der Mensch gemachten Klimaveränderung sprechen. In der Justiz gilt der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ (vielleicht gilt dies auch in der weiblichen Form). Dies ist im Justizsystem angemessen, weil es darum geht, ein Individuum vor einer allenfalls nicht gerechtfertigten Strafe zu verschonen. Im globalen System Weltklima ist das „Zweifel“-System allerdings kaum anwendbar. Denn: jede dieser vermeintlichen Abweichungen vom Prinzip des Mensch gemachten Klimawandels lässt sich mit in der Regel wenigen Gegenargumenten entkräften, auch den Gegen-Argumenten gegen die Gegen-Argumente geht es nicht besser. Nun entspricht es dem menschlichen Wesen, die „Kleinen“ nach dem biblischen „David-gegen-Goliath“-Gesetz zu bevorzugen – auch noch so dürftige „Kleine“ werden als Hoffnung wahrgenommen, dass die Tatsache „Mensch gemachter Klimawandel“ doch nicht zutrifft.

Selbstverständlich gibt es auch hochgradige Banausen, die mit kruden Argumenten gegen die Wissensgesellschaft antreten. Wer etwa behauptet, eine so kleine Veränderung des CO2-Gehalts der Atmosphäre könne doch gar nicht solche Auswirkungen auf das Klima haben, hat fundamentale Prinzipien der Atmosphärenphysik nicht verstanden – aber darf nach den Regeln der Demokratie selbstverständlich mit diskutieren. Und als „Kleiner“ … siehe oben 😉

Nun gehört Klimawandel zu den Konstanten der milliardenjährigen Geschichte der Erde – die Erde, wie sie sich heute präsentiert, ist letztlich Abbild des dauernden Klimawandels. Dazu gehört einer der zynischsten Witze: Treffen sich zwei Planeten im All. „Wie gehts?“, will der erste wissen. „Gut, kann nicht klagen“, meint der zweite, „und selbst?“. „Nicht so gut“, meint der erste. „Warum denn?“, fragt der zweite. „Hab Homo Sapiens“, ist die Antwort. „Wirklich schlimm, aber das geht vorüber“, meint dazu der zweite. Und sie ziehen weiter ihre Bahnen. – Oder anders: die Erde gibts auch ohne Menschen, umgekehrt gehts nicht.

Die Menschheitsgeschichte ist ebenso geprägt vom Klimawandel – z.B. Völkerwanderung, 100-jähriger Krieg und eine Vielzahl weiterer historischer Grossveränderungen haben ihre Wurzeln in Klimaveränderungen. Die Menschheit hat dabei mehr oder weniger anpassungsfähig reagiert – allerdings waren viele dieser Anpassungen mit erheblichen Gewaltgräueln verbunden. Und dies ist die zentrale Sorge: dass die heutige Menschheit nicht angemessen in der Lage ist, auf die sich abzeichnende Veränderungsgeschwindigkeit der Klimas zu reagieren. Letztlich ist dies die zentrale Frage! In den Berichten der Weltklimarates IPCC gibt es Prognosen über mögliche Auswirkungen des Klimawandels. Wer bei solchen Ausführungen die Präzision und die Transparenz des Jahresabschlusses einer Finanzbuchhaltung erwartet, sollte sich besser nicht zu Fragen des Klimawandels äussern.

Menschen schliessen laufend Versicherungen für alles mögliche und unmögliche ab- die Versicherungsbranche gehört zu den grössten Bereichen der Wirtschaft. Eine gesellschaftlich verträgliche Aenderungsgeschwindigkeit des Klimas lässt sich nicht versichern. Es ist nur eine Reaktion möglich: im Sinne der Vorsorge ist der Ausstoss von Treibhausgasen deutlich zu vermindern, ist der Verbrauch an fossilen Brenn- und Treibstoffen deutlich zu vermindern!

Wie etwa die Reaktion von Saudiarabien in Kopenhagen zeigt, gibt es Verlierer einer solchen Vorsorgehaltung: die gesamte Oel- und Gasbranche! Ganz einfach: eine Oelheizung kann und darf heute nicht mehr empfohlen werden, auch haben Benzin und Diesel nichts mit der Zukunft der Mobilität zu tun. Auch der Bedeutungsverlust der fossilen Energien hat Veränderungen zur Folge, diese sind gemäss Nicholas Stern allerdings um Faktor Fünf geringer als die Beseitigung der voraussichtlichen Klimawandel-Kosten.


Die Beschränkung des Klimawandel-Tempos ist nicht die einzige Begründung für eine Verminderung des Verbrauchs fossiler Brenn- und Treibstoffe. Peak Oil, Peak Gas, Peak Uranium sind Stichworte, die klar machen: die fossilen Brenn- und Treibstoffe sind endlich, sind irgendwann aufgebraucht, ebenso ist es mit dem Uran als Grundlage für den Betrieb von Atomkraftwerken. Die Nachhaltigkeitsverpflichtung verlangt, dass raschmöglichst der Energieverbrauch deutlich vermindert wird und ausschliesslich erneuerbare Energieträger eingesetzt werden.

Auch die lokale Situation erfordert Handeln: selbst in der „sauberen“ Schweiz ist unsere Atemluft erschreckend dreckig, dieser lebenswichtige Stoff ist in erheblichem Mass gesundheitsgefährdend. Ein bedeutender Teil der Luftschadstoffe stammt aus der Anwendung fossiler Brenn- und Treibstoffe. Auch hier ist dringendes Handeln angesagt. Festzuhalten bleibt, dass dabei auch die Lärmbelastung vermindert werden kann.

Zudem: der übermässige Verbrauch an fossilen Brenn- und Treibstoffen ist in der Regel verbunden mit einem übermässigen ökologischen Fussabdruck. Die Menschen z.B. in der Schweiz verbrauchen pro Person mehr an Ressourcen als ihnen auf dem begrenzten Planeten Erde zustehen, und sie vebrauchen deutlich mehr als im globalen Mittel! Die klimaschutzpolitischen Vorsorgemassnahmen sind also auch ein Beitrag zur globalen Gerechtigkeit.


Fazit: die aufgeregten Debatten um die Lauterkeit der KlimaforscherInnen können nicht davon ablenken: im Sinne der Vorsorge ist der Verbrauch fossiler Brenn- und Treibstoffe deutlich zu vermindern. Dazu gibt es einen bunten Strauss an vielfältigen Argumenten. Wer sich gegen die Vorsorgemassnahmen stellt, hat sowohl die individuellen und geschäftlichen Interessen offenzulegen als auch zu beweisen, was daran schlimm ist, wenn der Verbrauch fossiler Brenn- und Treibstoffe und weiterer endlichen Ressourcen wie Uran vermindert wird.

Zur Umsetzung: die erforderlichen vorsorglichen Veränderungen betreffen sämtliche Lebensbereiche – für eine persönliche Bilanz mit Handlungsfeldern: persönlicher ECORechner. Und zur Umsetzungsunterstützung: 2000-Watt-Gesellschaft!