Energiepolitik von unten: Sonnenenergie für jedes Haus!

Was gegenwärtig bei Leuchtturm- und Pilotprojekten realisiert wird, hat zum Normalfall zu werden: Sonnenenergienutzungen auf dem Dach und an der Fassade. Stromproduktion und -verbrauch am gleichen Ort – Strom-ProsumentInnen oder Strom-Prosumer – hat zur Regel zu werden, genauso wie bei der Wärme. Die einfache Botschaft ist klar: möglichst viel Sonnenenergie für jedes Haus!

Nicht nur der Klimaschutz verlangt, dass unsere Energieversorgung raschmöglichst ausschliesslich mit erneuerbaren Energien sichergestellt wird. Raschmöglichst ist somit aus den fossilen und nuklearen Energien auszusteigen. Raschmöglichst heisst, dass dies spätestens um 2040 bis 2050 realisiert sein sollte, wenn es früher geht, ist dies nur von Vorteil.

Auch hier gilt es, die drei Nachhaltigkeitsprinzipien Suffizienz, Effizienz und Konsistenz zu berücksichtigen:

  • Die pro Person beanspruchten Wohn- und Nicht-Wohnflächen sind möglichst gering zu halten. Vermeiden z. B. von Verkehrsleistungen hat an erster Stelle zu stehen.
  • Komfort-, Dienstleistungs- oder Verkehrsnachfragen sind so energieeffizient wie möglich abzudecken.
  • Verbrauchte Energie hat ausschliesslich aus erneuerbaren, nachhaltig nutzbaren Quellen zu stammen. Dabei sind lokal nutzbare Quellen zu bevorzugen.

Angesichts der Realitäten der heutigen Energiewirtschaft – es dominieren Energieflüsse aus fossilen Quellen und aus grossen, zentralen Einrichtungen – ist offensichtlich, dass die neue Energieversorgung nur durch disruptive, einschneidende Veränderungen erreichbar ist. Jede und jeder ist gefordert, es geht um Energiepolitik von unten! Dazu braucht es eindeutige und einfache Botschaften. Handelnde Menschen wollen wissen, was sie zu tun haben, um zukunftsfähig unterwegs zu sein. Sie wollen die Interessen der EnkelInnen und UrenkelInnen bei ihren Entscheiden einbeziehen. Es ist davon auszugehen, dass nicht alle diese Botschaften in einem Tweet mit höchstens 140 Zeichen Platz haben. Eine Botschaft zu einer zukunftsfähigen Energieversorgung ist allerdings klar: Sonnenenergie für jedes Haus! Es ist mittel- bis längerfristig dafür zu sorgen, dass jedes Gebäude die von den BewohnerInnen/NutzerInnen verbrauchte Energie zu einem hohen Anteil dezentral genutzt bereitstellen kann, es ist also ein hoher Energie-Eigenversorgungsgrad anzustreben.

Auch wenn es elektrische und thermische Sonnenenergie-Nutzungen schon länger gibt, sind noch deutliche Entwicklungen zu erwarten, etwa bei den Wirkungsgraden oder dem ökologischen Fussabdruck bei der Herstellung. Gerade die Umsetzung des Cradle-to-Cradle-Prinzips ist als Chance zu sehen. Die üblicherweise verwendeten Ökobilanzierungen gehen allerdings angesichts der Entwicklungsgeschwindigkeit von Uralt-Daten aus, wie etwa dieser allgemeine Diskussionsbeitrag.

PS: Photovoltaik ist in vielen Belangen verwandt mit der Informations- und Kommunikationstechnologie; auch Computer und Smartphones werden unter sehr ähnlichen Bedingungen produziert wie Solarzellen.

Da Kohlekraftwerke mit Sicherheit nicht zu den 2000-Watt-Gesellschaft-tauglichen Technologien gehören, macht es keinen Sinn, fossile Kraftwerke in Überlegungen zu Solarstrom einzubeziehen. Dies gilt insbesondere für die Stadt Zürich, wo Hauseigentümerschaften und MieterInnen seit mindestens 2015 nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen beziehen können (ausser sie gelten als marktberechtigte Strom-Grossverbraucher).

Unsere Energieversorgung baut seit langem auf der Bewirtschaftung von gespeicherten Energieträgern auf. Dies gilt insbesondere für die seit Jahrmillionen gespeicherten fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas, aber auch für Wasserkraft aus Speicherseen und Pumpspeicherkraftwerken. Gerade bei der Sonnenenergie-Nutzung ist einiges an Entwicklungen zu erwarten – exemplarisch eine Schlagzeile vom 1. August 2017: Kosten für Speichersysteme fallen schneller als für Photovoltaik und Windkraft, mit Verweis auf einen Bericht der TU München und der Universität von Kalifornien. Da gilt einmal mehr, dass Prognosen schwierig sind, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

Oder anders: Wer eine Solaranlage realisiert, sollte dafür sorgen, dass möglichst viel der erzeugten dezentralen Energie auch tatsächlich dezentral genutzt werden kann. Sowohl die Anpassung von Produktions- und Verbrauchsprofilen als auch die Speicherung – derzeit bei Strom einige Tage, zukünfig mehrere Monate – gehören mit dazu. Auch hier ist zu beachten, dass die meisten Ökobilanzierungen nach wie vor von einer zentralen Energieversorgung ausgehen und nicht von dezentraler Eigenversorgung. Wenn überhaupt solche Bilanzierungen erstellt werden, ist zudem zu prüfen, ob Jahresbilanzen oder Bilanzen z. B. für die drei Wintermonate – hoher Energieverbrauch, eher tiefe dezentrale Energieproduktion – zu verwenden sind.

PS: Der Klimawandel wirkt sich auf die Nutzung der Wasserkraft insbesondere in den Alpen aus.

Auch ohne Bilanzierungen ist klar: Bei Gebäuden ist eine hohe Solarstromproduktion anzustreben, und es ist dafür zu sorgen, dass durch Optimierungsmassnahmen und geeignete Energiespeicher ein möglichst grosser Anteil des Verbrauchs durch die am Standort dezentral produzierte Energie genutzt werden kann. Es sind immer auch die Möglichkeiten zur thermischen Sonnenenergienutzung einzubeziehen.

Ein weiterer Aspekt: gerade in Mietobjekten ist sicherzustellen, dass die MieterInnen den am und auf dem Gebäude produzierten Solarstrom direkt nutzen können, ohne Umwege über den Verkauf des produzierten Stroms an das Versorgungsunternehmen und den Verkauf von Strom durch das Versorgungsunternehmen an die MieterInnen. Nicht nur in New York können hier Blockchain-Techniken Verwendung finden, Teil der Digitalisierung der Energieversorgung. Nachtrag 7. August 2017 von Sonnenseite: digitales Kraftwerk.

Und solange auf dem und am eigenen Gebäude keine Sonnenenergie genutzt werden kann, ist es sicher zweckmässig, deklarierten und gelabelten Solarstrom beim Stromversorger zu kaufen.

Noch zu den Kosten: Ja, der disruptive Übergang zur ausschliesslichen Nutzung erneuerbarer Energien führt zu höheren Kosten. Eine neuere deutsche Studie, zitiert in der FAZ mit dem Titel 1,4 Billionen für Klimaschutz: Sie schaffen das erwähnt die erforderlichen riesigen Klimaschutz-Geldmittel, die die deutsche Wirtschaft aufbringen muss. Die gewaltigen Summen werden aber relativiert, weil diese 1,4 Billionen gerade mal drei Prozent der in diesem Zeitraum erforderlichen Investitionen ausmachen, was zur Beurteilung „Die gesamtwirtschaftlichen Effekte sind gering und positiv“ führt.

Nicht beantwortet wird auch hier die Frage, was der Verzicht auf den disruptiven Übergang zu erneuerbaren Energien finanziell bedeuten würde. Allerdings ist davon auszugehen, dass die gesamtwirtschaftlichen Effekte erheblich und negativ sein dürften. Ein NZZ-Artikel mit dem Titel Klimawandel: Extremwetter wird in Südeuropa viele Todesopfer fordern gibt Hinweise auf zumindest einen kostenrelevanten Teilbereich.

Es bleibt also dabei: Sonnenenergie für jedes Haus!


Zum Bild: Leuchtturmprojekt von Viridén und Partner