Der Unsinn der Telekom-Liberalisierung

„Schweizweit liegt im Mobilfunkverkehr … ein Sparpotenzial von über 2 Milliarden Franken brach.“ Dieser Satz ist in einer Medienmitteilung der unzeitgemässen Geiz-ist-geil-Firma comparis.ch vom 2. Januar 2009 zu finden. Ein solcher Satz illustriert bestens den Unsinn der Telekom-Liberalisierung.

Die Informationstechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien der Informations-Gesellschaft. Telekom – heute mit den Bereichen Sprach- und Datenkommunikation – ist dabei ein wichtiger Technologie-Aspekt. Die Politik hat den Unsinn fertiggebracht, diese Schlüsseltechnologie dem sogenannt freien Markt zu unterwerfen. Was Generationen von Einwohnenden als Service Public aufgebaut haben, wurde den Neoliberalisten zum Frasse vorgelegt.

Es mag sein, dass die frühere PTT etwas gar gemütlich war. Andererseits brachte sie neue Techniken erst auf den Markt, wenn diese tatsächlich reif waren – und nicht noch beiden KundenInnen reifen musste (wie so viele „Bananen“-Produkte, zu denen dann die KonsumentInnen-Zeitschriften wieder gefrässige Artikel schreiben können).

Die Marktliberalisierung hat im wesentlichen zum Handy-Zeitalter geführt, mit all den Vorteilen und Nachteilen einer Improvisationsgesellschaft. Letztlich zahlt heute die Volkswirtschaft für eine grösstenteils sinnentleerte Leerhülsenkommunikation (Standard-Satz am Handy: „Schatz, wo bisch – ich chan nid rede, ich bin grad im Zug“ oder die bekannte Spam-Schwemme im E-Mail-Verkehr) wesentlich mehr als zu Zeiten des Monopolisten PTT.

Vom an der Gemeinnützigkeit und am Service Public orientierten staatlichen Monopol hat sich der Markt zum Oligopol mehrerer Grossfirmen mit grösstenteils ausländischer Beherrschung entwickelt. Eigenkapitalrendite, Boni, Marktanteil und Gewinnausschüttung sind heute die dominanten Begriffe – gewisse Grundleistungen müssen mit Leistungsauftrag gesichert werden.

Wenn nun comparis.ch ein Sparpotential von 2 Mia Franken pro Jahr ortet, ist dies eine extrem kurzfristige Sichtweise. Es geht nämlich ausschliesslich um den Vergleich von Preisen bei den Kommunikationsangeboten im Mobilfunkverkehr. Nicht beurteilt wird, ob es sich dabei um Lockvogelangebote, befristete Marketinggags oder bewussten Dumpingpreisen zur Marktmanipulation handelt.

Ebenso wird nicht berücksichtigt, ob die anbietenden Telekom-Firmen dem Gebot der Nachhaltigkeit – und zwar in einem umfassenden Sinn – verpflichtet sind, also dem langfristigen Unternehmenserfolg unter Rücksichtnahme auf Mensch und Umwelt. So haben etwa Telekominfrastukturen eine relativ lange Lebensdauer, was eine seriöse Abschreibungspraxis erforderlich macht. In erster Linie geht es dabei um die gesicherte Werterhaltung der Infrastruktureinrichtungen, und es geht um Investitionsreserven für allfällige Wertsteigerungen und Qualitätsverbesserungen.

Nicht berücksichtigt ist dabei ebenso die Konjunktur-Abhängigkeit der Kommunikationswirtschaft. Was passiert, wenn die Entwicklungen sowohl der Finanzwirtschaft als auch der Realwirtschaft zu einer geringeren Nachfrage nach Kommunikationsleistungen führen sollten?

Wer im Sinne von comparis.ch immer dem billigsten Mobilfunkangebot hinterherhampelt, agiert letztlich als ZechprellerIn, weil die nachhaltige Bewirtschaftung der volkswirtschaftlichen Ressource Kommunikations-Infrastrukur nicht sichergestellt ist. Oder anders: zum Glück sparen die SchweizerInnen diese 2 Mia Franken nicht ein, weil sie damit bewusst und absichtlich einen Beitrag leisten zur ausreichenden Werterhaltung der für die Informationsgesellschaft zentralen und lebenswichtigen Kommunikations-Infrastruktur!