Das Gebäudeprogramm abschaffen

Die Anpassung der Fördersätze bei „Das Gebäudeprogramm“ illustriert einmal mehr, dass finanzielle Förderbeiträge keinem zweckmässigen Beitrag zur Klimaschutz- und Energiepolitik leisten. Eine stark lenkende, vollständig zurückerstattete Energieabgabe, ein Sanierungsobligatorium für bestehende Bauten in Verbindung mit Vorschriften für den Höchstanteil nicht-erneuerbarer Energien für Heizung und Warmwasser und eine Weiterbildungsinitiative sind die Ansätze für ernsthaften Klimaschutz und eine wirkungsvolle Energiepolitik – alles andere ist Öko-Romantik.

Der Stromsparfonds der Stadt Zürich fördert seit mehr als 20 Jahren Sonnenkollektoren – mit diesen Kollektoren wird Wasser vorgewärmt und teilweise die Heizung unterstützt. Ziel der Förderung ist es, die Marktchancen der geförderten Produkte zu verbessern. In einigen Jahren dürften die ersten der Sonnenkollektoren ersetzt werden müssen – selbst der Ersatz bestehender Anlagen müsste gefördert werden.

Förderbeiträge im Gebäudebereich vermitteln generell eine falsche Botschaft: wer energetische Massnahmen leistet, tut mehr, als sie oder er müsste, und wird dafür belohnt! Angesichts des Zustandes des Gebäudebestandes und der damit verbundenen erheblichen Vernichtung von Vermögenswerten muss demgegenüber klar festgehalten werden: Gebäudeigentümerschaften dieses Landes, Sie tun viel zu wenig für eine nachhaltige, auf Dauer angelegte Bewirtschaftung Ihrer Liegenschaften – dabei geht es um mehr als Energie- und Klimaschutzaspekte.

Die Grundkonzeption der durch die Kantone bestimmten Energiepolitik geht von einem angesichts der Erfordernisse des Klimaschutzes viel zu largen zulässigen Energieverbrauchsniveau aus. Um etwa die Klimaschutzziele zu erreichen, müssten die Vorgaben in den kantonalen Energiegesetzen sowohl für Neubauten wie für die Erneuerung bestehender Bauten mindestens halbiert werden – die Vorschriften müssten sogar strenger sein als die erforderlichen Werte für Beiträge von „Das Gebäudeprogramm“!

Ich höre bereits das Aufschreien der vereinigten Gebäudelobby von HauseigentümerInnen- und MieterInnenverbänden: solche Massnahmen wären viel zu teuer, dies führt zu einer massiven Verteuerung der Mieten – obwohl die Politik günstigere Mieten verlangt. Und zudem sei dies nicht bei allen Gebäuden möglich.

Bei Neubauten treffen diese Vorwürfe bei kluger Planung nicht zu – es gibt genügend Beispiele, die belegen, dass energiegerechte Neubauten nicht teurer sein müssen als „Standardneubauten“. Dass energetische und klimaschützende Sanierungen Kosten zur Folge haben, ist unbestritten. Andererseits ist klar: mit Subventionen lassen sich die Kosten NICHT vermindern, im Gegenteil! Denn Subventionen signalisieren, dass hier etwas gemacht werden soll, was über den Standard, das Normale hinausgeht, somit ist die Kostenfrage bezüglich der Teilaufgabenstellung energetische Massnahmen ein Aspekt dritter oder gar vierter Priorität. Analogie dazu: Die Warteschlangen bei der Lancierung eines neuen Gadgets wie iPhone oder iPad! Im Markt der Gebäudeerneuerung wird in der Schweiz derzeit etwa 14 Mia Franken pro Jahr ausgegeben – mit rund 300 Mio Franken werden derzeit energetische Massnahmen gefördert, die rund 1 bis 1.5 Mia Franken Kosten verursachen. Mit diesen insgesamt bescheidenen Impulsen kann es nicht gelingen, die träge Bauwirtschaft dazu zu bewegen, sich auf die Realisierung kostengünstiger, wirksamer Energieeffizienzmassnahmen zu fokussieren. Oder anders: die aktuellen Subventionen tragen zur Strukturerhaltung in der alles andere als zukunftsorientierten Bauwirtschaft bei.

Illustrieren lässt sich dies am Beispiel der Fenster. Fenster haben die kürzeste technische Nutzungsdauer der Bauteile an der Fassade. Somit müssen Fenster häufig ersetzt werden, bevor Massnahmen an der Fassade erforderlich sind. Bei einem solchen Ersatz ist allerdings bereits zu überlegen, wie zukünftig die energetische Qualität der Fassade verbessert wird – die Fensterleibung etwa wird zur bauschadenträchtigen Energieschleuder, wenn diese bei der Wärmedämmung der Fassade nicht mitgedämmt wird, was aber das Fensterlicht verkleinert. Mit Förderbeiträgen für den Fensterersatz allein werden solche Aspekte nicht berücksichtigt, was dazu führt, dass zukünftig energetisch bessere Lösungen verhindert werden – da verkehrt sich Klimaschutz ins Gegenteil.

Die Gebäudewirtschaft ist gefordert: damit Klimaschutz zum Normalprogramm der Gebäudebewirtschaftung wird, ist ein massiver Innovationsschub erforderlich, dazu braucht es eine kräftige Weiterbildungsinitiative. Verträge zwischen Bauherrschaften und AkteurInnen der Bauwirtschaft haben nicht nur die Kosten zu betreffen, sondern auch die zu erreichenden energetischen Qualitäten – nur so kann erreicht werden, dass pro investierten Franken möglichst viel Klimaschutz resultiert.

Die Teilzweckbindung der CO2-Abgabe, welche für die Finanzierung von „Das Gebäudeprogramm“ eingesetzt wird, ist ein weiterer kritischer Punkt. Die Grundidee der CO2-Abgabe ist bestechend: wer weniger CO2-Ausstoss als der Durchschnitt der Bevölkerung und der Wirtschaft verursacht, soll für das vorbildliche Verhalten belohnt werden – wer mehr CO2-Ausstoss als der Durchschnitt der Bevölkerung und der Wirtschaft verursacht, soll dies im Portemonnaie spüren. Mit den viel zu tiefen Ansätzen des CO2-Gesetzes und der Teilzweckbindung des Abgabenertrags (=Steuer!) wird diese Idee geradezu ins Gegenteil verdreht. Deshalb: es muss so rasch als möglich eine stark lenkende, vollständig an Haushalte und Wirtschaft zurückerstattete Energieabgabe auf alle Energieträger eingeführt werden!

Die bisherige eher episodische und ökoromantisch ausgerichtete Energiepolitik ist eine Massnahmenpolitik und nicht auf die Optimierung der Wirkung ausgerichtet. Dies führt dazu, dass der Rebound-Effekt voll zuschlägt. Wer in einem energetisch guten Gebäude wohnt, hat den Eindruck, dass die Raumtemperatur doch sicher deutlich höher liegen dürfe – in den letzten 20 Jahren ist die typische Raumtemperatur in Wohnbauten um zwei bis drei Kelvin gestiegen, mit der Folge eines 10 bis 15 % höheren Energiebedarfs. Oder anders: allein mit der komfortmässig ausreichenden Beschränkung der Raumtemperatur auf 21 Grad Celsius könnten die bescheidenen Kyotoziele im Gebäudebereich bereits erfüllt werden! Wir brauchen endlich eine wirkungsorientierte Energiepolitik – im Gebäudebereich ist die Vorgabe einer energetischen Qualität von Bauten zwingend: bis 2025 haben alle Bauten mindestens Energieetikette B, besser A zu erreichen. Weil eine solche Massnahme alle Eigentümerschaften betrifft und nicht nur die Willigen, kann ohne Schwierigkeiten auf die finanzielle Förderung verzichtet werden. Festzuhalten ist zudem: Förderabgaben werden aus Geldern bezahlt, die von der Allgemeinheit erwirtschaftet werden – es tragen somit auch jene bei, die ihre klimaschutzpolitischen Hausaufgaben bereits erfüllt haben.

Diese Massnahmen kosten – dabei werden aber bereits heute entstehende gesellschaftliche Kosten internalisiert. Wohnen wird teurer, was aber eine erwünschte lenkende Wirkung hat: die pro Person beanspruchte Wohnfläche hat au Nachhaltigkeitssicht deutlich zu sinken – insbesondere ist davon abzukommen, eine hohe Wohnfläche als wünschbaren Luxus zu bezeichnen. Es sei hier wiederholt: die Mietzinssteigerungen der letzten Jahrzehnte sind direkt verursacht durch den Flächenanspruch pro Person!

Noch zum Stichwort Ökoromantik: gerade die PolitikerInnen aus der ökologischen Gründerzeit scheinen in dieser Gründerzeit zu verharren. Nicht nur die sogenannten First Movers und die grundsätzlich Willigen müssen ökologisch relevante Massnahmen realisieren, um die erforderliche Wirkung zu erzielen, sondern alle Haushalte und die gesamte Wirtschaft – die ökologische Pionierzeit ist vorbei. Dies braucht völlig andere Ansätze – Fördergelder sind nachweislich kontraproduktiv für eine Marktdurchdringung, auch wenn sie politischen Aktivismus suggerieren.