Befähigung braucht Zeit – und ist nicht einfach!

Einige Aussagen aus einem Tages-Anzeiger-Artikel vom 6. Juni 2005 (als Berichterstattung von einer SVP-Tagung):

  • Wer seine Kernbotschaft nicht in einem einzigen Satz von 12 bis 15 Sekunden Länge hersagen könne, der habe das Problem nicht richtig durchdacht und sei im Medienzeitalter verloren (Originalzitat SVP-Parteipräsident Ueli Maurer, darum ausschliesslich in männlicher Form). P.S. Das sind etwa zwei Sätze mit höchstens 60 Silben.
  • Ein Inserat hat 2.3, ein Plakat gar nur 1.7 Sekunden Publikumsaufmerksamkeit. Schlussfolgerung daraus: Man kann sich keine grosse Differenzierung leisten, die Botschaft muss auf den ersten Blick sitzen (Zitat Werbeagentur Goal AG).
  • 98 Prozent der Werbebotschaften werden vom Publikum ohnehin nicht aufgenommen. Um bei den erfolgreichen 2 Prozent zu sein, braucht es eine gute Botschaft, die richtigen Botschafter und die Übermittlung (Zitat Werbeagentur Goal AG).

Die SVP arbeitet mit den Ängsten, mit dem (offenen oder verdeckten) Neid, sie argumentiert auf eher instinktiver/emotionaler Ebene, sie betreibt einen eigentlichen Egoismus-Populismus. Selbst die SVP-Botschaften sind offenbar zu lang, haben die falschen Botschafter (-innen eher wenige) – und sie sind mit Sicherheit nicht differenziert (das heisst, sie sind ungenau, grob verallgemeinert, nicht logisch, nicht zusammenhängend, gar aus dem Zusammenhang gerissen).

„Global denken, lokal handeln“ steht gehen diesen dumpfen SVP-Egoismus-Populismus. Es geht darum, Menschen zu befähigen, ihren konstruktiven Beitrag zu leisten, damit die Menschheit auch zukünftig eine lebenswerte und lebensfähige Umwelt benutzen können, dass die Menschen solidarisch und gerecht miteinander umgehen. Da geht es nicht um Botschaften mit höchstens 2 Sätze, um Aufmerksamkeitswerte von 2.3 oder gar nur 1.7 Sekunden, sondern um zukunftsorientiertes, lebenslanges Lernen.

Als ein kleines Beispiel zur Differenzierung: Ozon! Unten hats zuviel, vor allem im Sommer, oben immer zuwenig!
Ozon unten entsteht unter Einwirkung von Sonnenlicht aus Luftschadstoffen, die vor allem aus der Verbrennung fossiler Treibstoffe und aus den Abgasen der industriellen Produktion stammen. Ozon unten im Übermass wird als Sommersmog bezeichnet – beeinträchtigt die menschliche Atmung und schädigt Pflanzen.
Ozon oben ist Teil des globalen Schutzschildes gegen die gesundheitsschädlichen UV-B-Strahlen von der Sonne (Ozonloch) – und wird durch verschiedene langlebige chemisch hergestellte Gase zerstört.

Nun: dieses Problem ist mit Sicherheit gut durchdacht (z.B. wird seit Jahrzehnten Forschung dazu betrieben), aber lässt sich kaum in 15 Sekunden darlegen. Und mit diesen Fakten ist erst eine Informations-Botschaft, aber noch keine Handlungs-Botschaft zur Verminderung des Ozon unten und zur Erhaltung des Ozon oben verbunden. Damit diese Ziele erreicht werden können, muss ein Grossteil der Bevölkerung die erforderlichen Massnahmen ergreifen – die damit verbunden Motivations-, Informations- und Handlungsbotschaften gehen deutlich über die egoistisch-populistische Propaganda der SVP hinaus.

Letztlich ist dieser SVP-Egoismus-Populismus ausgesprochen arrogant – geht er doch davon aus, dass Menschen nur für Infotainment-Häppchen zugänglich sind, und verkennt die Möglichkeiten der Befähigung von Menschen.

Selbstverständlich ist es auch erforderlich, komplexe Zusammenhänge möglichst verständlich darzustellen und Menschen von der Relevanz einer Tätigkeit zu überzeugen. Allerdings gilt auch hier der Satz von Albert Einsein: Alles so einfach wie möglich, aber nicht einfacher. Diese weise Erkenntnis des Nobelpreisträgers missachtet die SVP. Sie macht es sich mit ihrer Propaganda verantwortungslos viel zu einfach.